Anzeige
Anzeige
Das Image der Augenoptik (Teil 5)

Berufswahl: Macht die Bundesagentur für Arbeit Lust auf Augenoptik?

Wer Augenoptiker*in werden möchte, landet früher oder später bei der Bundesagentur für Arbeit. Im fünften Teil unserer Serie zum Image der Augenoptik untersucht Uwe Hannig, wie die Bundesagentur unseren Beruf darstellt und ist enttäuscht. Exklusiv für eyebizz präsentiert der Autor die wichtigsten Ergebnisse seiner Bachelorarbeit im Studiengang Augenoptik/ Optometrie und stellt sie zur Diskussion.

Agentur für Arbeit Nürnberg
Agentur für Arbeit Nürnberg (Bild: Pixabay)

Mit ihren über 95.000 Mitarbeitern ist die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine der größten Behörden in Deutschland. Zu ihren Aufgaben zählen die Vermittlung von Arbeits- und Ausbildungsstellen, Berufsberatung, Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie Arbeitgeberberatung. Zusätzlich ist die BA im Bereich der Berufs- und Arbeitsmarktforschung tätig und berichtet regelmäßig über den Arbeitsmarkt. Laut Selbstauskunft werden 14.000 Beratungsgespräche und 55.000 Vermittlungsangebote täglich durchgeführt.

Anzeige

Inwiefern bei dieser enorm hohen Zahl „der Mensch im Mittelpunkt“ steht, wie auf der Internetseite behauptet wird, ist schwer einzuschätzen. Klagen über ungeeignete Bewerber, die von der BA vermittelt werden, sind in vielen Branchen zu vernehmen (vgl. eyebizz, 6.2020). Wie gut und erfolgreich Vermittlung und Beratung im Einzelnen funktionieren, lässt sich ohne eine systematische Untersuchung nicht sagen.


„Die Webseite wirkt überladen. Von intuitiver Bedienung kann keine Rede sein. Weniger wäre mehr.“


Für Menschen, die sich über einen Beruf im Allgemeinen, die Arbeitsmarktlage in einer Branche oder auch Weiterbildungsmöglichkeiten im Besonderen informieren wollen, ist die Internetseite der Bundesagentur für Arbeit eine der ersten Anlaufstellen. Deshalb ist es von Bedeutung, wie der Beruf des Augenoptikers dort dargestellt wird.

Augenoptik: Wer sucht, verliert den Überblick

Der Versuch, sich auf der Webseite einen ersten Überblick über das Berufsbild Augenoptiker*in zu verschaffen, ist nicht einfach. Über die Suchfunktion werden beim Begriff „(Augen-)Optiker“ verschiedene Auswahlmöglichkeiten und viele Treffer angezeigt, die teilweise mit Zusatzangaben versehen sind und sich häufig auf zurzeit offene Stellen in der Augenoptik beziehen. Unter dem Button „Schule, Ausbildung und Studium“ wird man nicht sofort fündig. Erst ein weiteres Feld („Ich möchte mich online über Berufe informieren“) führt zu einer Webseite namens BERUFENET, die „ausführliche Berufsinformationen“ verspricht.

VerwirImage Augenoptik BERUFENETend unübersichtlich: die Seite BERUFNET der Bundesagentur für Arbeit
Verwirrend unübersichtlich: die Seite BERUFNET der Bundesagentur für Arbeit

Dort erzielt die Suche nach „(Augen)Optiker“ folgende Treffer: Augenoptiker/in, Augenoptiker/in (Weiterbildung), Augenoptiker/in – Beratung und Verkauf, Augenoptiker/in – Werkstatt, Feinoptiker/in, Ingenieur/in – Augenoptik und Optometrie. Für Laien auf der Suche nach Erstinformationen ist diese Darstellung weder übersichtlich noch hilfreich. Werden alle Treffer hintereinander angeklickt, ist man verwirrt: Viele Überschneidungen, aber auch Unterschiede in der Wortwahl und hinsichtlich des tatsächlichen Inhalts sorgen dafür, dass der Suchende den Überblick verliert.

Kurzbeschreibung zutreffend, aber uninspiriert

Unter „Augenoptiker/in“ findet sich endlich die gesuchte Kurzbeschreibung des Berufs: „Augenoptiker/innen stellen Sehhilfen her und passen sie ihren Kunden individuell an. Sie beraten Kunden, verkaufen Brillen, Kontaktlinsen und optische Geräte, reparieren Sehhilfen und erledigen kaufmännische Arbeiten.“ Auch wenn man sich als Augenoptiker*in eine schönere und spannendere Beschreibung gewünscht hätte, werden hier und bei weiteren Buttons zumindest die wichtigsten Inhalte sachlich wiedergegeben.

Unter „Zugangsvoraussetzungen“ finden sich differenzierte und ausführliche Informationen über fachliche sowie persönliche Anforderungen: notwendige schulische Vorkenntnisse und Qualifikationen (auch für Menschen mit ausländischen Qualifikationen) ebenso wie gesundheitliche Aspekte, Arbeits- und Sozialverhalten, Interessen und Fähigkeiten. Über die Verdienstmöglichkeiten während und nach der Ausbildung sowie über die Ausbildungsinhalte erhält man ebenfalls eine erste Orientierung. Leicht zu übersehen sind die Unterpunkte „Trends“ und „Digitalisierungsthemen“, die gegenwärtige und künftige berufsspezifische Entwicklungen grob skizzieren und sich weiter unten am rechten Rand der Seite befinden.

Wenig emotionale Ansprache, visuell enttäuschend

Es lässt sich trefflich streiten, ob die medizinisch-technischen Facetten des Berufs angemessen abgebildet und die Beschreibungen überhaupt zeitgemäß formuliert werden. Weniger strittig sind sicherlich die recht unattraktiven Fotos, die unseren Berufsalltag veranschaulichen sollen.

Ein nicht datierter, amateurhaft anmutender Film stellt den Beruf am Beispiel einer jungen Auszubildenden innerhalb eines großen Augenoptikfachgeschäfts vor. Dabei werden die Vielfalt der beruflichen Perspektiven sowie die Abwechslung in der täglichen Arbeit durchaus positiv hervorgehoben und die verschiedenen Arbeitsbereiche der unterschiedlich qualifizierten Mitarbeiter (Auszubildende, Augenoptiker, Augenoptikermeister, Geschäftsführer) präsentiert.

Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft kommen vor; zudem scheint im vorgestellten Betrieb Geschlechterausgewogenheit zu herrschen. Wer auf der Suche nach einer emotionalen Ansprache mit musikalischer Untermalung und trendigem Setting ist, wird enttäuscht. Der bieder daherkommende Film vermittelt aber einen realistischen beruflichen Alltag vieler Augenoptiker*innen und liefert wichtige Informationen.

Er ist mit der Seite BERUFE.TV verlinkt, dem Filmportal der Bundesagentur für Arbeit. Dort finden sich keine zusätzlichen Informationen über den gezeigten Film: Wer nach welchen Kriterien die vorgestellten Beispiele ausgewählt hat, bleibt ebenso unklar wie die Frage, wer den Film im Auftrag der BA wann produziert hat.


„Positiv ist, dass die Bundesagentur versucht, über persönliche Erzählungen authentische Berufserfahrungen zu präsentieren.“


Zahlreiche Verlinkungen zu weiteren Internetseiten der Agentur verwirren. Ähnliche Inhalte werden für verschiedene Zielgruppen auf unterschiedlichen Internetseiten angeboten: planet-berufe.de informiert junge Menschen ausschließlich über Ausbildungen, abi.de richtete sich an Abiturienten, während Studienwahl.de als „Der offizielle Studienführer für Deutschland“ angepriesen wird. Unter KURSNET findet man Informationen über berufliche Aus- und Weiterbildung, bei LERNBÖRSE Online-Trainings rund um den Beruf.

Die ausführlichsten Informationen sind bei BERUFENET zu finden, wo viele der genannten „Spezialinformationen“ an einer Stelle versammelt sind, doch die Seiten verweisen meist aufeinander und sorgen dafür, dass man am Ende gar nicht mehr durchblickt. Man könnte die Aufzählung fortsetzen, wenn es um konkrete Stellensuche oder statistische Daten geht. Die starke Differenzierung mag sinnvoll sein, wenn man sich im Detail und sehr spezifisch informieren will, doch eine schnelle, unkomplizierte Erstinformation über den Beruf bekommt man so nicht.

Positiv ist, dass die BA überall versucht, über persönliche Erzählungen authentische Erfahrungen zu präsentieren: Menschen berichten von ihrer Berufs- und Ausbildungswahl sowie ihrem Arbeitsalltag. Fraglich bleibt jedoch, wie repräsentativ, attraktiv und abwechslungsreich beispielsweise der geschilderte Tagesablauf einer Augenoptikerin auf planet-beruf.de oder eines Auszubildenden unter abi.de ist.

Bandbreite des Tätigkeitfelds fehlt

Trotz der vermeintlichen Datenfülle fehlen bei BERUFENET wichtige Informationen. Bei den Beschäftigungsmöglichkeiten für Augenoptiker(meister)*innen werden lediglich zwei Optionen genannt: „in Betrieben des Augenoptiker-Handwerks“ und „in der optischen und feinmechanischen Industrie“. Jeder Augenoptiker weiß, dass die Berufsausbildung bzw. der Meister viel mehr Einsatzmöglichkeiten bietet, die auf den Internetseiten der BA aber keinerlei Erwähnung finden.

Dazu gehören Tätigkeiten in Kliniken und Arztpraxen, Kontaktlinsen- und Low-Vision-Instituten, als Außen- und Innendienstmitarbeiter für Brillenfassungen, -gläser und Kontaktlinsen, als Ausbilder und Lehrer in Berufs- und Meisterschulen und vieles mehr. Von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder von anderen Kriterien, die für die Lebensqualität der Beschäftigten von Bedeutung sind, erfährt man nichts. Das Potenzial von Weiterbildungs- und Studienangeboten wird nicht ausgeschöpft.

Schaut man sich die Darstellung anderer Berufe an – etwa Hörgeräteakustiker, Kfz-Mechatroniker oder Piloten -, stellt man fest, dass die dortigen Beschreibungen, Fotos und Videofilme ähnlich (un)attraktiv sind. Als Behörde ist die BA dazu verpflichtet, unabhängig, sachlich und präzise über die jeweiligen Berufe zu informieren. Auf Nachfrage erfährt man, dass sich die Inhalte bezüglich des Berufsbildes Augenoptiker*in an den Verordnungen über die Berufsausbildung beziehungsweise am Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Augenoptiker/in orientiert, beides Stand 2011.

Weitere Quellen werden zwar konsultiert – bei BERUFENET unter „Informationsquellen“ -, aber sowohl sprachlich als auch inhaltlich dominiert der trockene Stil einer Berufsausbildungsverordnung. Warum dies der Fall ist und wer für die Fotos und Videos verantwortlich ist, ließ sich weder durch Internetrecherchen noch Anrufe klären. Unter Transparenz stellt sich der moderne Nutzer etwas anderes vor.

Komplizierter Aufbau und viel zu komplexe Inhalte sind ein generelles Problem des Internetauftritts der BA. Die Seite wirkt überladen, von intuitiver Bedienung kann keine Rede sein. Weniger wäre mehr.

Fazit: Verbände könnten doch Einfluss nehmen

Die Informationssuche über den Beruf Augenoptiker*in auf den Internetseiten der Bundesagentur für Arbeit ist kompliziert und zeitintensiv. Durch eine starke Differenzierung und verwirrende Begrifflichkeiten verliert man schnell den Überblick. Die Beschreibungen sind inhaltlich größtenteils zutreffend, doch nicht vollständig, die dröge formulierten Texte werden von unattraktiven Bildern und Filmen umrahmt, sodass ein konservativer, langweiliger Eindruck von Augenoptiker*innen entsteht.

Ob es tröstlich ist, dass andere Berufe ähnlich uninteressant dargestellt werden? Angesichts der großen Bedeutung der BA für alle Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Jobsuchenden sollte das Ergebnis nachdenklich stimmen. Jungen, engagierten Nachwuchs wird man so kaum für die Augenoptik begeistern können. Hier sind abermals Verbände und Interessenvertreter in der Pflicht.

Auf Nachfrage ist zu erfahren, dass sie auf die Berufsdarstellung auf den Seiten der Bundesagentur für Arbeit durchaus Einfluss nehmen können, wenn sie etwa aktuellere Informationen und besseres Bildmaterial zur Verfügung stellen würden. Warum tun sie es nicht? ///

 

Image-Analyse der Augenoptik - Uwe HannigUwe Hannig (*1976) ist Augenoptiker aus Leidenschaft. Er hat den Meister in der „berühmt-berüchtigten Holzbaracke“ des ZVA-Fortbildungszentrums in Köln-Bayenthal gemacht und sich in der Funktionaloptometrie weitergebildet. Beim Sport kommen dem Crosstriathleten und Langstreckenschwimmer die besten Ideen, etwa die, noch ein berufsbegleitendes Studium in Augenoptik und Optometrie an der FH Aachen/Akademie der Augenoptik dranzuhängen. Mittlerweile hat er seinen Bachelor of Science (B.Sc.) in der Tasche und freut sich, die Ergebnisse seiner Abschlussarbeit einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen zu können.

 

Beitrag aus der eyebizz 5.2021 (August/September)

 

 

Das Image der Augenoptik, Teil 1

Das Image der Augenoptik, Teil 2 

Das Image der Augenoptik, Teil 3

Das Image der Augenoptik, Teil 4

Das Image der Augenoptik, Teil 5

Das Image der Augenoptik, Teil 6 und Schluss

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.