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Trends in der Hörakustik

Gutes Hören: Ein Markt der ungeahnten Möglichkeiten

Die Hörakustik wird für Akteure aus der Augenoptik immer interessanter, das Potenzial in einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft in Deutschland scheint enorm. Hörgeräte neuer Generationen versprechen weit mehr als nur gutes Hören. eyebizz wirft einen Blick auf die Trends in diesem Markt der ungeahnten Möglichkeiten.

Hörakustik Hören Hörgeräte Bauformen c BVHI
Bei Hörgeräten gibt es inzwischen vielfältige Bauformen (Bild: BVHI)

Die Kombination von Augenoptik und Hörakustik lag von jeher nahe: Viele Augenoptik-Betriebe führen längst auch Hörlösungen als zweites Standbein: Denn, die Generation der Baby Boomer verspricht noch immer steigende Kundenzahlen.

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Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesverband der Hörsysteme-Industrie (BVHI) in Deutschland 1,6 Millionen Hörgeräte verkauft. Elf Prozent der Bundesbürger halten ihre Hörfähigkeit für gemindert. 41 Prozent der Betroffenen tragen Hörgeräte. Und 96 Prozent der Hörgeräte-Träger berichten, dass ihre Lebensqualität damit gestiegen ist. Rückblickend sagen davon 59 Prozent, sie hätten sich früher für Hörgeräte entscheiden sollen (Quelle: EuroTrak Germany 2022). Nicht umsonst bauen Filialisten wie Fielmann, Apollo oder Pro Optik beständig ihre Zahl an Hörakustik-Abteilungen aus.

Renaissance der Hörbrille?

Ende Juli dieses Jahres ließ eine Ankündigung von EssilorLuxottica aufhorchen, in den Markt für Hörlösungen expandieren zu wollen. Auch durch die 100-prozentige Übernahme des israelischen Start-up-Unternehmens Nuance wolle der Konzern eine neue Hörtechnologie einführen. Zielgruppe: die 1,25 Milliarden Menschen weltweit mit leichtem bis mittlerem Hörverlust (laut World Health Organization, World Report on Hearing, 2021).

Man arbeite an einem Produkt, das einen Paradigmenwechsel herbeiführen soll, um „das Stigma traditioneller Hörlösungen zu beseitigen und durch Komfort und Stil zu ersetzen“. Dabei soll eine hochwertige Hör-Technologie nahtlos in eine modische Brille integriert werden, die Audio-Komponente soll dabei völlig unsichtbar sein. Mit der klassischen Hörbrille habe diese Lösung aber wenig zu tun.

Die Markt-Einführung wird für die zweite Hälfte 2024 erwartet. Im Rahmen seines offenen Geschäftsmodells möchte EssilorLuxottica traditionelle Hörgeräte-Kanäle und ausgewählte augenoptische Großhandelskunden nutzen, um die Technologie für Verbraucher in 150 Ländern zugänglich zu machen. Das Unternehmen wird aber gewiss auch sein eigenes Einzelhandelsnetz nutzen!

Hörgerät im Ohrschmuck versteckt

Das Hörgerät zu modernisieren und schön zu verpacken, diesen Weg geht das Start-up-Unternehmen Eora aus München. Den vollumfassenden aktuellen Stand der Branche zeigte der 67. EUHA-Kongress in Nürnberg (18. bis 20. Oktober 2023). In einem umfangreichen Vortragsprogramm der Europäischen Union der Hörakustiker e. V. spannten Expertinnen und Experten aus der Schweiz, Österreich, Dänemark, Belgien und den USA einen weiten Bogen – von Aspekten der Künstlichen Intelligenz bis zur Bedeutung von Hörassistenz-Systemen.

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Mit Hörgerät steigt die Lebensqualität deutlich – dennoch gehen viele Betroffene zu spät zum Hörakustiker (Bild: BVHI)

Bei der zeitgleichen Messe stellte die Industrie vor, was technisch derzeit schon möglich ist oder demnächst machbar sein wird. Und das ist einiges, denn die Innovationen werden durch zunehmende Digitalisierung noch mehr gepusht und eröffnen neue Zielgruppen und Möglichkeiten.

App ins Hörsystem

Zu den aktuellen Trends gehören App-Anbindungen, Streaming und Konnektivität. „Moderne Hörgeräte-Apps bieten Hilfe und Support und ermöglichen eine Online-Feinanpassung via RemoteCare – der Kunde ist unterwegs oder zu Hause und der Hörakustiker kann sich remote aufs Hörsystem schalten und mit dem Kunden per Video-Chat sprechen“, erläutert Katarina Sipple, Leitung Kommunikation und Events beim BVHI.

Das persönliche Hörerlebnis rückt für den Nutzer weiter in den Vordergrund. Per App kann dieser mit individuellen Programmen, gespeicherten Einstellungen und Bedien-Elementen, Fein-Anpassungen von Klängen in unterschiedlichen Hör-Umgebungen vornehmen. Überaus praktisch: Manche Apps können das Hörsystem wiederfinden, wenn ihre Nutzer es verlegt haben.

Weitere Themen, die die Branche beschäftigen, sind beispielsweise die Natürlichkeit des Klangs oder neue Technologien, die in Echtzeit Gesprächs-Situationen verbessern, um den „Cocktail-Party-Effekt“ besser in den Griff zu bekommen: Die Hörgeräte stellen sich besser auf unterschiedliche Sprecher ein und erfassen auch Veränderungen der Situation.

Ohr Couture“ und Implantate

Komfortabel und zunehmend stylischer werden laut Sipple die Otoplastiken. Eine breite Palette von Designs passt sich an die unterschiedlichen Vorlieben und Stilrichtungen der Nutzer an. Otoplastiken werden per Ohr-Abformung vom Hörakustiker abgenommen und dann vom Hersteller erstellt. Sie sind aufgrund der individuellen Anpassung äußerst komfortabel, sodass sie den ganzen Tag über problemlos getragen werden können. Auch der Fashion-Aspekt tritt hier mehr und mehr in Erscheinung, im Sinne einer „Ohr Couture“. Sipple: „Man zeigt auch durch Hörsysteme und Hörimplantate seinen Stil.“

Smartes Besser-Hören

Neue technische Standards ermöglichen zusätzliche Funktionen und Features. So können auch gut hörende Konsumenten durch Hearables herangeführt werden, die erst in naher Zukunft mit dem Thema Hörminderung konfrontiert werden könnten: „Smartes Besserhören für Baby-Boomer“ nennt das Martin Schaarschmidt aus Berlin. Der Fachjournalist und PR-Berater ist auf Hörtechnik spezialisiert und und informiert darüber seit vielen Jahren die Pressekollegen auf der IFA.

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Moderne Hörsysteme lassen sich per App übers Smartphone steuern, das spricht insbesondere auch noch gut hörende und junge Menschen an (Bild: BVHI)

Er sieht für den Trend der vernetzten Kommunikation großes Potenzial: „Ob App-Steuerung und Streaming, Sensortechnik und Echzeit-Übersetzung, Hearables oder vieles andere. Multifunktionale Technik am Ohr wird für uns alle selbstverständlicher.“

Dank Multi-Streaming wird es auch möglich, mehrere direkte Audiostreams zwischen Hörgeräten und anderen Geräten zu nutzen. So werde das Hören und Verstehen im öffentlichen Raum, etwa in Flughäfen, Kinos und Konferenzen, für alle auf ein neues Niveau gehoben – unabhängig davon, ob sie mit Hörgeräten, mit Kopfhörern oder gar mit Hör-Implantaten hören.

Well-hearing ist Well-being

Aber der „kleine Informant im Ohr“ kann zukünftig noch mehr. Etwa in der Medizintechnik. So können Gesundheitsdaten gesammelt werden, wie die Messung des Sauerstoffgehalts oder der zurückgelegten Schritte. Und Sturzdetektor-Sensoren rufen mittels App schnelle Hilfe.

Wenn Zusatzfunktionen oder neue Designs das Hörgerät in Zukunft attraktiver machen, kann das helfen, die Akzeptanz von Hörgeräten zu erhöhen. Die Folgekosten unversorgter Schwerhörigkeit wurden schon 2019 EU-weit auf 185 Milliarden Euro geschätzt, allein in Deutschland sind es 39 Milliarden Euro (aufgrund von sinkender Lebensqualität und Produktivität). Deshalb fordert der BHVI, den Hör-Check ab 50 Jahren als Krankenkassen-Leistung anzubieten. Neben kognitivem Leistungs-Abbau steige bei unversorgter Schwerhörigkeit schließlich auch das Sturz- und Demenz-Risiko.

/// PE

 

Artikel aus der eyebizz 6.2023 (Oktober/November)

 

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