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Inklusive „seyetenblick“ von Dieter Meis

Spectaris Trendforum: Im Hybridformat zu neuem Glanz

Gestern, heute, morgen: Auch zum 20-jährigen Jubiläum vom Trendforum richtete sich der Blick auf die Zukunft. In der unverwechselbaren Kulisse der Berliner Classic Remise präsentierte sich das große Branchenevent erstmals im hybriden Format. Ob live vor Ort oder per Live-Stream vor den Bildschirmen, den über 800 Zuschauenden bot sich Anfang November ein dichtes prallgefülltes Programm mit starken Impulsen.

Spectaris Trendforum 2021 - Luisa Delgado - c Schilke
Moderator Wolfgang Kons und Luisa Delgado (Bild: Schilke)

Gebe es ein verbindendes Thema, das sich durch das diesjährige Trendforum zog, dann war es die Eröffnungsrednerin Luisa Delgado, die den Gedanken als Erste aufgriff: „Einfachheit und Nachvollziehbarkeit schaffen Vertrauen.“ Mögen die Produkte der Industrie auch immer komplexer werden, so sollte der Stolz der Hersteller nicht darin bestehen, diese Komplexität Kunden und Endverbrauchern auch noch kompliziert zu vermitteln. Die Augenoptik befände sich an der Schnittstelle von Mode, Gesundheit, Handwerk und Einzelhandel und partizipiere an den Trends Nachhaltigkeit, Telemedizin, Digital und Kunden-Centricity, so die Ex-CEO von Safilo.

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Ein Kompass für Augenoptiker*innen

Kein neuer Gedanke, doch ein guter Kompass für Augenoptiker*innen, die ihr Geschäft erfolgreich ausrichten wollen. Doch das wird immer schwieriger, wie die Podiumsdiskussion mit dem Thema „Lässt die zunehmende Marktkonzentration überhaupt noch Platz für Einzelkämpfer?“ lebhaft zeigte.

Spectaris Trendforum 2021 - Podiumsdiskussion - c Schilke
Podiumsdiskussion mit Tradis und Filialisten (Bild: Schilke)

Eva-Maria Trummer, Augenoptikermeisterin in Erlangen und Einzelkämpferin seit sieben Jahren, gab zu, dass sie sich immer mehr fokussieren müsse, um ihre Position zu halten, schließlich würde der Kuchen für unabhängige Augenoptiker*innen immer kleiner. Ein Grund zu verzagen sei das aber nicht: „Solange es Menschen gibt, die individuell sind, gibt’s auch Platz für individuelle Augenoptiker*innen.“

Wer kämpft für die Tradis?

Zu den Akteuren, die die Marktkonzentration befördern, gehört pro optik, mittlerweile auf Platz drei der umsatzstärksten Filialisten. CEO Micha Siebenhandl warb für die Vorteile des von ihm vertretenen „Franchisesystems“. Dass er sich auf dem Podium als Verbündeter der Tradis darstellte – „gemeinsam kämpfe man gegen die preisaggressiven Filialisten“ – mochten ihm die zuhörenden Augenoptiker*innen nicht so abnehmen.

Dr. Mirko Caspar von Mister Spex – derzeit rund 40 Standorte und 400 Partneroptiker in Deutschland, seit Juli 2021 börsennotiert und zu 10 Prozent in Besitz von EssilorLuxottica – wies hingegen jeglichen Expansionsfuror zurück, sprach von „Wachstum auf Augenmaß“.

Sticheleien beleben die Diskussion

Dieter Meis, CEO der Ounda GmbH („klein, aber fein“), die seit der Gründung 2020 rund 70 Geschäfte übernommen hat, die jedoch individuell weiter betrieben werden, sprach vom großen Druck, der auf der Branche laste und brachte Zündstoff in die Runde. Augenoptiker Thomas Heimbach spöttelte: „Der Kollege Meis hat die Kohle und muss sie unters Volk bringen.“ Eine Anspielung auf den Investor Beyond Capital Partners, der hinter Ounda steht. Meis konterte, Heimbach habe ja selbst 20 Geschäfte übernommen, er wisse schon, wie das gehe.

Manchem Zuhörer stach indes ins Auge, dass mit Heimbach neben den beiden Moderatoren von der DOZ, die die Diskussion führten, gleich drei der acht Podiumsteilnehmer Verbandsmenschen waren.

Das Beherrschen von Unsicherheiten

Wie sich die wirtschaftlichen Herausforderungen der Augenoptik ins weltpolitische Gefüge einordnen lassen, verdeutlichte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Prof. Michael Hüther in seiner Keynote zur „erschöpften Globalisierung“ in Zeiten der Pandemie. Der globale Systemwettbewerb entwickle sich zum „Systemkonflikt“ zwischen China, den USA, der EU und Russland. Aufgabe der neuen Regierung sei es, die „vier Säulen des Strukturwandels aus Dekarbonisierung, Deglobalisierung, demographischem Wandel und Digitalisierung“ in kontrollierte Bahnen zu lenken, denn „modernes Wirtschaften ist das Beherrschen von Unsicherheiten“.

Spectaris Trendforum 2021 - Michael Hüther - c Schilke
Prof. Michael Hüther (Bild: Schilke)

Prof. Jan Peters, Leiter des Fachbereichs Intelligente autonome Systeme an der TU Darmstadt, stellte fest: „Wir stehen an einer Zeitenwende der Robotik, mit einer Fülle an Anwendungsbereichen in der Industrie und der Medizin.“ 53 Prozent aller Patente weltweit für autonomes Fahren würden von deutschen Entwicklern angemeldet, so Peters. Doch viel Potenzial bliebe ungenutzt, da „der deutsche Forschungsstandort im Bereich KI und Robotik durch unnötige Pseudobürokratie gehemmt wird“.

Etwas ratlos machte der Programmpunkt „Spotlight: Kontaktlinse!“ Trotz profilierter Kontaktlinsenexperten auf dem Podium, wurde es nur wenig konkret. Die spannende Frage, wie es Augenoptiker*innen, die nicht auf Kontaktlinsen spezialisiert sind, gelingen kann, den Kontaktlinsenverkauf zu integrieren, ohne wegen des zu hohen Beratungsaufwands zu kapitulieren, wurde nicht aufgegriffen.

Digitale Kundenkommunikation

Dominic Scheppelmann und Lutz Jurkat – beide seit 20 Jahren mit ihren Agenturen Spotleit und 2do digital in der Branche unterwegs – lieferten zwischen den Keynotes Impulse für erfolgreiche digitale Kundenkommunikation. Von Marketing-Tools wie „Corporate Influencing“ via LinkedIn und Instagram, das Nutzen des eigenen Kundenkreises für „User generated content“ bis hin zum Einbauen spielerischer Elemente im Zuge einer wachsenden „Gamification“ machten die vorgestellten Tipps deutlich: Die Wege der digitalen Kundeninteraktion sind wichtiger denn je, aber auch hier gilt die Kunst der Vereinfachung und die Konzentration aufs Wesentliche.

Markus Lanz, aus Washington zugeschaltet, im Talk mit Wolfgang Kons (links) (Bild: Schilke)

Finales Highlight war Starmoderator Markus Lanz, der aus Washington zugeschaltet, im Talk mit Wolfgang Kons über seinen beruflichen Werdegang und seine Eindrücke aus Amerika sprach, wo er gerade drehte. So waren am Ende (fast) alle zufrieden und freuen sich auf das nächste Trendforum am 8. November 2022.

/// JÜRGEN BRÄUNLEIN

 

seyetenblick

Herr Meis auf dem Trendforum

Gern bin ich der Einladung, an der Diskussionsrunde in Berlin teilzunehmen, gefolgt. Ich habe mich zwar über die Absagen des Herrn Schünemann von der „IGA“ und auch von Herrn Dr. Ehmer von „Apollo“ gewundert, da er sicherlich mit seiner „Luxottica-Erfahrung“ einiges hätte sagen können, aber dann kam ja Frau Delgado, die einen Vortrag hielt, der erst zum Schluss (als sie ihre Brille abnahm) deutlich machte, dass sie vor „Optik-Fachleuten“ sprach. Ihr Vortrag war ein Standard, den sie sicherlich, sehr eingeübt, weltweit für gutes Honorar hält. Nachhaltig war das nicht.

Ounda - Dieter Meis
Dieter Meis war 32 Jahre lang Berater für Fielmann und ist Geschäftsführer der 2020 gegründeten Optikerkette ounda GmbH, der Inhaberin der „Klein, aber fein“-Geschäfte; das Firmenkapital kommt von Investor Beyond Capital Partners.

Etwas frischen Wind gab es bei der Darstellung von Herrn Dr. Caspar von „Mister Spex“ und auch von Herrn Siebenhandl, dem CEO von „pro optik“. Wie gern hätte ich mit den beiden Herren über Zukunftsthemen wie Optometrie und Myopie diskutiert, um zu verdeutlichen, wo der Unterschied zwischen traditionell und filialgesteuert oder online liegt. Selbst, als ich diese Punkte ansprechen wollte, unterstützte Herr Heimbach vom „ZVA NRW“ mich nicht – stattdessen verlor er sich in Philosophien über zu hohe Kaufpreise, die er in seiner Kalkulation nicht vertreten könne – wer‘s glaubt, wird selig. Er macht seine eigenen Geschäfte unter neutralem Namen – ist natürlich in Ordnung.

In der richtigen Positionierung liegt der Erfolg beim Gewinn von Marktanteilen. Dazu gehört nun einmal auch die zuverlässige Zusammenarbeit mit dem Augenarzt, die gute Bezahlung der Mitarbeiter und deren berufliche Förderung. Da brachte Herr Siebenhandl von „pro optik“ die Erleuchtung: Er wird ein Motivations-Bombardement bei den Mitarbeitern auslösen. Wenn die aber merken, dass ihr Chef seinen stolzen Namen aufgibt und dann als Franchiser unter „pro optik“ firmiert, dann wird es auch nicht gerade einfacher für Herrn Siebenhandl, die angestrebten Ziele von 250 Einheiten (es waren schon mal 400) zu erreichen. Aber … er hat ja immerhin stolz zugegeben, dass er bereits drei neue Standorte hat und die fehlenden (ca. 100) dann mit den neuen „Einbauküchen“ für 85.000 € für die Einrichtung akquiriert.

Das Thema „Personal“ bewegt die ganze Branche. Insofern waren die Darstellungen der „Marketing-Freaks“ aus Hamburg zwar interessant anzusehen … man muss sich nur die Frage stellen, wer die Ideen dann umsetzt, wenn mehr Kunden in den Laden kommen sollten. Die Herren bedienen diverse Kunden aus Optik und Akustik und vielleicht haben sie auch für das Personalproblem die ultimative Lösung – gesagt haben sie dazu nichts.

Ich würde mir beim der nächsten „Spectaris Trendforum“ offene, kontrastreiche Diskussionen wünschen – deshalb reist man doch nach Berlin.

 

Artikel aus der eyebizz 1.2022 (Dezember/Januar)

 

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