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Neue Forschungsergebnisse der ETH Zürich

Die DNA der Dinge: Brillenglas als Datenspeicher

Die Datenbrille, die Informationen auf der Innenseite der Brillengläser abbildet, ist schon fast Alltag. Aber beliebige Objekte, wie Hemdknöpfe, Wasserflaschen oder sogar Brillengläser zu Datenspeichern zu machen, die man Jahre später wieder auslesen kann, geht noch einen Schritt weiter. Genau daran arbeitet ein Forscher-Team mit Beteiligung der ETH Zürich: die DNA der Dinge.

DNA der Dinge - Alltagsgegenstände als Datenspeicher
DNA der Dinge – Alltagsgegenstände als Datenspeicher (Bild: Pixabay)

Ähnlich wie bei Lebewesen, die ihre „Bauanleitung“ in Form von DNA in sich tragen, können jetzt beliebige Alltagsgegenstände mit Daten bestückt werden, die später problemlos gelesen werden können, z.B. für eine Reproduktion des Gegenstands. „Es lässt sich damit eine 3D-Druck-Anleitung in ein Objekt integrieren, sodass diese selbst nach Jahrzehnten oder Jahrhunderten noch direkt aus dem Objekt herausgelesen werden kann“, erklärt Robert Grass, Professor am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften. Oder es lassen sich mittels dieser Technik darin Informationen für spätere Generationen aufbewahren.

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Zusammen mit einem Kollegen aus Israel haben Forscher der ETH Zürich eine Methode entwickelt, Informationen in Objekten abzuspeichern, und ähnlich wie bei Lebewesen werden DNA-Moleküle dafür genutzt. Möglich wurde dies zum einen durch den Ansatz von Grass, Produkte mit einem in winzigen Glaskügelchen eingegossenen DNA-Strichcode zu kennzeichnen. Diese Nanokügelchen könnte man z.B. als Tracer bei geologischen Untersuchungen verwenden oder damit hochwertige Nahrungsmittel kennzeichnen, um sie von Fälschungen zu unterscheiden. Der Strichcode ist dabei verhältnismäßig kurz: 100 Bit (100 Stellen 0 oder 1).

Zum anderen sei in den vergangenen Jahren gelungen, sehr große Datenmengen in DNA zu speichern. Yaniv Erlich, ein israelischer Computerwissenschaftler und Kollege, entwickelte eine Methode, mit der es theoretisch möglich sei, 215.000 Terabytes an Daten in einem einzigen Gramm DNA zu speichern. Und Grass selbst habe vor einem Jahr ein ganzes Musikalbum in DNA gespeichert, was 15 Megabytes an Daten entsprach.

ETH Zürich - Julian Koch - DNA der Dinge - Brillengläser mit Kurzfilm
ETH-Doktorand Julian Koch trägt eine Brille, in deren Gläser ein Kurzfilm gespeichert ist. (Bild: ETH Zürich / Jonathan Venetz)

Die beiden Wissenschaftler kombinierten nun diese Ansätze zu einer neuen Datenspeicherform und veröffentlichten ihre Erkenntnisse auf nature.com. Sie nennen die Speicherform die „DNA der Dinge“ – in Anlehnung an das „Internet der Dinge“, bei dem Objekte über das Internet mit Informationen verbunden werden.

DNA in winzigen Glaskügelchen

„Alle anderen bekannten Speicherformen haben eine unveränderliche Geometrie: eine Festplatte muss wie eine Festplatte aussehen, eine CD wie eine CD. Man kann die Form nicht verändern, ohne Information zu verlieren, so Erlich. „DNA ist derzeit die einzige Datenspeicherform, die auch in flüssiger Form vorliegen kann. Dies erlaubt es uns, sie in Objekte jeglicher Form einzubringen.“

Mittels dieser neuen Technologie sei es außerdem möglich, Information in Alltagsobjekten zu verstecken. Experten nennen das Steganografie. Als Anschauungsbeispiel nahmen die Wissenschaftler ein besonderes Dokument: Ein geheimes Archiv, das noch heute vom Leben im Warschauer Ghetto während des Zweiten Weltkriegs zeugt, damals angelegt von einem jüdischen Historiker und Ghettobewohner und versteckt in Milchkannen.

Grass, Erlich und ihre Kollegen speicherten mittels der neuen Methode einen Kurzfilm über dieses Archiv (1,4 Megabytes) auf Glaskügelchen, welche sie in ein unauffälliges Brillenglas eingossen. „Mit einer solchen Brille wäre es problemlos möglich, die Sicherheitskontrolle an einem Flughafen zu passieren und damit unerkannt Informationen von einem Ort zu einem anderen zu transportieren“, sagt Erlich. Verstecken könne man die Glaskügelchen im Prinzip in allen Kunststoffobjekten, welche bei der Herstellung nicht allzu hoch erhitzt werden müssen, zum Beispiel in Epoxide, Polyester, Polyurethane und Silikone.

Zurzeit ist die Methode noch relativ teuer. Um eine 3D-Druckdatei wie die vom bereits getesteten Kunststoff-Häschen in DNA-Information zu übersetzen, würde das rund 2.000 Schweizer Franken kosten, so Grass. Der Großteil davon entfalle auf die Synthese der entsprechenden DNA-Moleküle.

Ein 3D-Drucker druckt einen Kunststoffhasen. Im Kunststoff sind DNA-Moleküle enthalten, in denen die Druckanleitung kodiert ist (Quelle: ETH Zürich)

 

Der Artikel auf nature.com

Koch J, Gantenbein S, Masania K, Stark WJ, Erlich Y, Grass RN: A DNA-of-things storage architecture to create materials with embedded memory. Nature Biotechnology, 9. Dezember 2019, doi: 10.1038/s41587-019-0356-z

 

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