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Wardakant: Nieder mit Mikroplastik und Schleifschlamm

Getüftelt und gebastelt hat Niklas Warda schon als Kind. Der Augenoptiker nimmt sich mit seiner Firma Wardakant der umweltgerechten Filterung und Entsorgung von Schleifschlamm in augenoptischen Werkstätten an – mit großem Erfolg. eyebizz stellt sein Pionier-Unternehmen vor.

Wardakant: Niklas Warda
Niklas Warda, Gründer und Geschäftsführer von Wardakant (Bild: Wardakant)

In allen Wasserreserven der Erde lassen sich heute Spuren von Mikroplastik und anderen industriellen Abfällen nachweisen. Die fünf Gramm einer Scheckkarte, die laut Umweltschutzorganisation WWF jeder Deutsche pro Woche an Mikroplastik über die Nahrung aufnimmt, sind nur ein Beispiel. Solche Abfälle, wie sie auch beim Schleifen von optischen Brillengläsern anfallen, gelangen mit dem Schleifwasser in die Kanalisation und damit ins Trinkwasser.

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Wo moderne Kläranlagen Kunststoffpartikel bis zu einer Größe von 2 mm herausfiltern, schlüpften kleinere Mikropartikel in großen Mengen immer noch durch, so Niklas Warda von Wardakant. Selbst Augenoptiker*innen, die bereits ein internes Wasser-Kreislaufsystem für ihren Schleifautomaten nutzten, stehen vor dem Problem der aufwendigen Reinigung und Entsorgung ihres Schleifschlamms.

5 Gramm Abfall pro Glas

Und da kommt einiges zusammen: Mit eigenen Messungen ermittelte Warda allein für ein bestimmtes Kunststoff-Glas (Index 1,50, –0,50 cyl. 0,50 dpt) fünf Gramm Abfall.

Wardakant: TideKlar und BriseSchier - Installation beim Kunden
TideKlar und BriseSchier – Installation beim Kunden (Bild: Wardakant)

Hochgerechnet auf ZVA-Zahlen der letzten Jahre mit durchschnittlich 37 bis 40 Millionen verkauften Brillengläsern (ca. zwei Drittel davon Einstärkengläser) komme man auf 200 Tonnen feines Mikroplastik im Jahr in Deutschland – mindestens.

Wardas Faible fürs Reparieren und Konstruieren und sein Sinn für Umweltschutz waren vor fast zehn Jahren der Grundstein für die Idee, ein möglichst effektives Wasserfilter- und Kühlsystem für Augenoptiker*innen, spanabtragende Betriebe und Industrie zu entwickeln, das Schleifabfälle umweltschonend entsorgt.

Mit anspruchsvollen Tüfteleien in der Augenoptik kennt sich Niklas Warda aus. Über die Familie in Itzehoe kam er früh mit der Branche in Berührung. Später arbeitete er am liebsten in der Werkstatt – „Spezialbrillen basteln“, für den staatlich geprüften Augenoptiker ein großer Ansporn.

Wardakant: Trinkwasser retten!

Als Fan der Meere, der seine Freizeit gern mit Kite-Buggy-Fahren am Strand verbringt, störte es Niklas Warda schon immer, was da an Partikeln aus der augenoptischen Schleifwerkstatt ins Abwasser gelangte. „Das ist die Triebfeder für unser Ziel, Trinkwasser zu retten und die Verschmutzung durch Produktionsabfälle und Mikroplastik einzudämmen“, so die Motivation für sein Unternehmen Wardakant.

Wardakant: Teil der Werkstatt
Wardakant: Teil der Werkstatt in Hanerau-Hademarschen (Bild: Wardakant)

Viel Arbeit und Hirnschmalz, Investitionen und Rückschläge folgten, bis der Tüftler 2017 in der kleinen schleswig-holsteinischen Gemeinde Hanerau-Hademarschen startete und schließlich Ende 2019, zusammen mit seinem Unternehmensberater der vergangenen Jahre, Tobias Dombrowski, die Wardakant GmbH gründete – ein Wortspiel aus Waterkant und Warda. Bereits 2020 erreichte das Start-up seinen „Proof of Concept“, was Niklas Warda und seine Frau Kristina, ebenfalls Augenoptikerin, bis heute beflügelt.

Die ertüftelte Pioniertat: das Wasserfiltersystem TideKlar. Der eigene Anspruch lag hoch: „Es sollte etwas werden, das sich, wie bei der alten Miele-Waschmaschine meiner Großmutter, die ewig lief, durch Qualität und Haltbarkeit auszeichnet. Ich wollte ein Produkt entwickeln, das nicht noch zusätzlich durch seine Bauweise Müll verursacht.“

Filter-Kreislaufsystem

In einem 2018 entdeckten, 1.000 qm großen Firmengebäude im Dreieck zwischen Rendsburg, Heide und Itzehoe auf „dem platten Land“ sammelte der 35-Jährige eine idealistische Crew mit jahrzehntelanger Erfahrung um sich. Derzeit 12 Mitarbeiter, darunter Elektriker, Feinmechaniker, Schreiner und Metallbauer, sind hier vereint. Sie fertigen mit flacher Hierarchie die Filteranlagen aus langlebigem Edelstahl an und bauen sie vor Ort bei Augenoptiker*innen in der Werkstatt ein.

Wardakant: TideKlar-Filterelement bei der Arbeit
Das TideKlar-Filterelement bei der Arbeit (Bild: Wardakant)

„Echte Konkurrenz gibt es hier bislang nicht“, sagt Warda mit Stolz, „schon gar nicht mit diesem umfassenden umweltschonenden Service, bei dem auch die Schleifabfälle entsorgt werden.“ Die „TideKlar“ könne hier die Menge von bis zu 6.000 Brillenglas-Aufträgen „schlucken“, ohne das „Prozesswasser“ tauschen zu müssen. Nur das verdunstete Schleifwasser muss ab und an nachgefüllt werden.

Das Wasser des Schleifautomaten wird innerhalb der Anlage mittels Kreislaufsystem (selbstrückspülendes Filter-Element) gereinigt, die Schleifabfälle alle ein bis zwei Wochen durch einen einfachen Kippmechanismus entnommen und in einem separaten Behälter gesammelt. Herausgefiltert werden feinste Schwebepartikel bis 0,08 mm, alles ohne den Einsatz weiterer Verbrauchsmaterialien.

Hartnäckige Schwebeteilchen

Bei der regelmäßigen Wartung nach 5.000 bis 6.000 Brillengläsern, spätestens aber nach einem Jahr, nimmt Wardakant Schleifwasser und -abfälle mit und lagert beides auf dem Werksgelände. Bis jetzt haben sich allein an Schleifresten dort knapp vier Tonnen angesammelt plus einige weitere Tonnen gebrauchtes Schleifwasser. Es dauere lange, so Niklas Warda, bis sich die winzigen Schwebeteilchen aus Mikroplastik komplett am Boden absetzten; nach einem Jahr ist das Wasser immer noch trüb und milchig.

Die umweltgerechte Weiterverarbeitung des getrockneten Schlamms bleibt ein Problem – noch, muss man sagen. Denn auch da tüftelt Wardakant an pfiffigen Lösungen für andere Bereiche, z.B. als möglicher Zement- oder Baustoff-Ersatz, die sehr vielversprechend seien. Für eine industrielle Verwertung braucht es aber noch mehr Schleifschlamm, der bei Wardakant gebunkert werden muss.

Wardakant: TideKlar-Nachbearbeitung individuelle Anlage
Nachbearbeitung einer TideKlar als individuelle Anlage (Bild: Wardakant)

Das Angebot der Wasserfilterung kleinster Partikel und Wasseraufbereitung nutzen Augenoptiker*innen im gesamten Bundesgebiet (aktuell 165 Anlagen), darunter finden sich kleine Betriebe genauso wie größere Werkstatt-Labs. Die Anlagen können mit nahezu jedem Schleifautomaten, CNC-Frässystem oder anderen Maschinen, die mit einer Wasserkühlung zur Bearbeitung von Rohmaterialien arbeiten, kombiniert werden.

Und es bestehen Kooperationen: „Essilor-Instrumente ist ein Vertriebs- und Servicepartner von uns. Sie bieten die TideKlar mit an und übernehmen die Installationen der durch sie verkauften Anlagen bei ihren Kunden. Der weitere Service und die Wartungsarbeiten bleiben jedoch weiterhin bei uns.“

International gefragt

Vertreten ist Wardakant deutschlandweit, in Österreich, der Schweiz und Luxemburg. Anfragen kommen aus Dänemark, Belgien und den Niederlanden. Auch den französischen und spanischen Markt hat man im Visier. Doch das innovative Unternehmen aus dem hohen Norden benötigt personelle Verstärkung.

Interessant: Auch ein Inhaber, der seinen Betrieb bald verkaufen wird, installierte die Wasserfilteranlage, weil sie den Wert der Firma deutlich steigere, beschreibt Warda diesen Kundenauftrag. Und dass gutes Wasser in Zukunft noch wertvoller werden dürfte, zeigte dieser Sommer in Deutschland eindrücklich mit ausgetrockneten Flussbetten.

Wardakant: Label Nachhaltigkeit Augenoptik-Betrieb
Eigens entwickeltes Nachhaltigkeits-Label (Bild: Wardakant)

Augenoptikerbetriebe, die sich für die Installation einer Reinigungsanlage entscheiden, können zudem weitere umweltbewusste Maßnahmen ergreifen und diese Nachhaltigkeit von den Schleswig-Holsteinern mit einem eigens entwickelten Nachhaltigkeits-Label zertifizieren lassen.

Ein gutes Alleinstellungsmerkmal und Marketingwerkzeug für die Betriebe, die mitmachen. Regelmäßige Überprüfung der Maßnahmen seitens Wardakant – und im Falle einer Vernachlässigung auch der Entzug des Labels – verdeutlichen die Ernsthaftigkeit dahinter.

Wardakant - Aufpimpen Handschleifstein
Aus Alt mach Neu, hier bei altgedienten Handschleifsteinen – auch das ist Nachhaltigkeit (Bild: Wardakant)

Der zunehmende Erfolg bringt mehr Büroarbeit mit sich. Niklas Warda kommt nicht mehr so oft vor Ort zum Einsatz. Doch das Basteln kann er einfach nicht lassen. Wenn es etwa um das Aufpimpen älterer Handschleifsteine geht, nimmt er sich die Zeit für das gewünschte Design der Auftraggeber.

Nach technischer Überholung in der Werkstatt in Hanerau-Hademarschen lackiert und airbrusht der Chef höchstpersönlich, verpasst den altgedienten Teilen einen neuen Look und freut sich. Es ist eben eine echte Herzensangelegenheit für Niklas Warda – wie alles bei Wardakant.

/// PE

www.wardakant.de

 

Artikel aus der eyebizz 6.2022 (Oktober/November)

 

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