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Portrait

Morel: Überraschen und Verführen

Wegweisendes entsteht nicht selten in geografischer Abgeschiedenheit aus Konzentration, Kreativität und Eigenständigkeit. Morel, der unabhängige Brillenhersteller mit Sitz in Morbier im französischen Jura, ist ein Beispiel dafür. Vor 140 Jahren gegründet, ist man den eigenen Werten bis heute treu geblieben, mittlerweile in vierter Generation. [12572]

Morel - Kollektion Koali
Eine der sechs Linien von Morel: Kollektion Koali (Bild: Morel)

Lange eisige Winter mit viel Schneefall und wenig zu tun außerhalb des Hauses machte die Bauern und Landbesitzer im Juragebirge früh zu innovativen Handwerkern und Impulsgebern ganzer Industriezweige. Im Schweizer Jura konzentrierten sich die kreativen Köpfe auf die Herstellung von Uhren, im französischen Teil auf Brillen. So wie Jules Morel, ein Bauer im Bergdorf Morbier, der sich in den Wintermonaten, wenn die Kühe im Stall waren, der Herstellung von Kneifern und Zwickern widmete. Mit handbetriebenen Maschinen schaffte er 200 Stück pro Woche. 1880 eröffnete er ein Geschäft mit Werkstatt.

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Höhenflug mit Cleopatra

Sohn Marius übernahm den Betrieb in den 1930er Jahren und gab dem Familien-Business die entscheidende Ausrichtung hin zum ambitionierten Fassungsdesign. Er kaufte eine Fabrik und moderne Maschinen und begann mit der industriellen Produktion in großer Stückzahl. Als Werkstoff, der damals für Fassungen noch neuartig war, verwendete er Zelluloid. Jacques Morel, der Enkel des Gründers, stieg in den 1960er Jahren ein und konzentrierte sich auf die kommerzielle Perspektive. Um die Marke breiter aufzustellen, holte er den namhaften Designer Jacques Depussay ins Haus, bis dato war der Firmenchef mehr oder weniger allein für den Designbereich zuständig.

Morel - Kollektion Öga
Kollektion Öga (Bild: Morel)

In den 1950er Jahren zeigte Morel zum ersten Mal der ganzen Welt, wie aufregend Brillen sein können, wenn man den Zeitgeist erspürt und tragbar macht. Das Modell „Cleopatra“ im Cat-Eye-Design mit Gold-Akzenten machte die Marke richtig populär und passte auch gut zum neu kreierten Firmenlogo eines Katzenauges. Die Tier-Metaphorik akzentuiert die Haltung des Unternehmens bis heute: So wie Katzen nicht einfach allem und jedem hinterherlaufen, versteht sich auch Morel als unabhängiger und eigenständiger Marktteilnehmer.

Die Herstellung von Rhodoid- und Gold-Doublé-Brillen positionierte die Marke Morel in den 1950er Jahren noch mehr im gehobenen Segment. Bei dieser Technik der mechanischen Gold-Plattierung („Walzgold“) kann der Glanz des Materials viele Jahre lang bewahrt werden.

Retro-Schick mit Raffinesse

Wichtiger Meilenstein war in den 1960er Jahren das Modell „Tydée“, bekannt geworden durch die Modellnummer 6000. Das Design – ein spektakulär dünner Metallrahmen mit Walzgold – verkaufte sich weltweit millionenfach und gewann das Herz von Künstlern, Prominenten und auch sehr jungen Trägern. Mit der Kollektion „1880“ hat man das legendäre Modell gerade für die Gegenwart raffiniert neu interpretiert. „Tydée 5“ ist jetzt mit einem Rand versehen, der die Fronten der Fassung hervorhebt, während ein eingraviertes, sich wiederholendes „M“ die Besonderheit der 1880er Kollektion widerspiegelt.

Ein kreativer und zugleich achtsamer Umgang mit der eigenen Markentradition gehört, wie es heißt, zur Unternehmensphilosophie: Erneuerung und Weiterentwicklung seien notwendig, doch zugleich soll mit einfließen, was die Vorgängergeneration jeweils bereits Vorbildliches hervorgebracht hat. Dabei sei das Ziel, so Wassila Brouki, bei Morel zuständig für Kommunikation, „Kunden zu überraschen und zu verführen.“

Morel: Größte Brillen-Designschmiede Frankreichs

Derzeit bietet Morel sechs Kollektionen an. Neben 1880 sind es Öga (maskulin, funktional), Koali (feminin, elegant) und die beiden Unisex-Linien Lightec und Nomad. Dazu kommt Azur, eine Kollektion mit Sonnenbrillen, eine Hommage an die Französische Riviera. Morel fertigt vor allem Metall- und Acetatfassungen.

Morel - Kollektion Lightec
Kollektion Lightec aus dem Hause Morel (Bild: Morel)

Höchste Qualität bei Herstellung, Design und Materialwahl ist der Anspruch. Man holt sich das Beste von dort, wo man es eben bekommen kann, wie Wassila Brouki erklärt: „Das Know-how, das wir jeweils brauchen, kann direkt aus Frankreich kommen, wenn wir etwa Fassungen mit dem Material Holz produzieren, aber auch aus Italien, wenn wir mit Leder oder Mineralglas arbeiten möchten. Oder sogar aus Japan, wenn wir außergewöhnliches Titan benötigen. Doch aller unserer Fassungen werden an unserem Firmensitz entworfen. Dort entstehen auch die Prototypen.”

Morel hat das größte Design-Center für Brillen in Frankreich. Wer dort hinfahren will, braucht von Genf aus eine Stunde und muss kurvenreiche Serpentinen meistern. 280 Mitarbeiter arbeiten hier, darunter sechs Designer, mit dabei: Koloristen, Grafikdesigner und Spezialisten für die Herstellung von Prototypen. Seit November 2015 ist Dennis BelloneCreative Director bei Morel.

„Dynamisch, trendy, unverzichtbar“

„Unsere Ambitionen für die kommenden Jahre sind klar”, sagt Amélie Morel, die gemeinsam mit ihren Brüdern Francis und Jérôme an der Spitze des Unternehmens steht, „für unsere Kreativität und unseren Service für Optiker anerkannt werden“. Schon bei der ersten „International Plastics Exhibition“ in Oyonnax im Jahr 1967, dem Vorläufer der heutigen Silmo in Paris, war Morel in unternehmerischer Weitsicht mit von der Partie.

Morel - die Geschwister Francis, Jerome und Amelie
Die Geschwister Morel: Francis, Jérôme und
Amélie (Bild: Morel)

Bis heute ist der Brillenhersteller eng mit der Messe verknüpft. Durch den Gewinn mancher Silmo Awards, aber auch weil Amélie Morel-Martin seit 2017 als Präsidentin bei der Messe ihre eigenen Akzente setzt.

Die drei Geschwister leiten die Geschicke des Familienunternehmens in vierter Generation. Amélies Aufgabe ist die Kommunikation, Francis kümmert sich um den Export und Jérôme ist CEO. Im vergangenen Jahr wurden sie zweimal für die im eigenen Haus entwickelte 360-Grad-Kommunikationskampagne ausgezeichnet („Communication Trophy“ und den „Communicator Award for Excellence“ in der Kategorie „B2B Campaign“). Die Jurys würdigten den Kurswechsel vom „Image des Jura-Brillenspezialisten“ hin zu einer kreativen Marke mit den Implikationen „dynamisch, trendy, unverzichtbar“. Der Webseitenauftritt des Brillenherstellers samt Blog ist modern, frisch, angenehm transparent. So erfährt man Interessantes und auch Persönliches über die Mitarbeiter des Unternehmens und ihre Passion für das gemeinsame Produkt.

Unabhängigkeit und Flexibilität

Morel hat Vertretungen in mehr als 90 Ländern und mehr als zehn Zweigstellen. Außerhalb Europas ist man in den USA, Kanada, Mexiko, Brasilien, Asien und Neuseeland vertreten. Etwas 1,5 Millionen Brillenfassungen und Sonnenbrillen hat man 2019 verkauft. In Deutschland werden alle Morel-Kollektionen seit vielen Jahren schon von der Exklusivbrillenagentur Emmerich mit Sitz in Herdecke vertrieben, ebenfalls ein familiengeführtes Unternehmen.

„Corona hat auch bei uns zu einem spürbaren Auftragsrückgang geführt“, sagt Wassila Brouki, „doch ich denke, wir sind gut gewappnet für die kommende wirtschaftliche Erholung. Sobald die Geschäfte wieder normal weitergehen können, starten wir ein Unterstützungsprogramm für unsere Kunden, um auch die Übergangsphase gemeinsam zu gestalten. Unsere Ambitionen haben sich allerdings nicht geändert: Kreativ zu bleiben und unseren Kunden zu dienen.“

/// Jürgen Bräunlein

ID [12572]

 

Beitrag aus eyebizz 3.2020

 

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