Die IG Nachhaltigkeit, jener Zusammenschluss aus engagierten Branchenvertretern, zu der sich auch der Autor dieses Textes zählen darf, wurde in dieser Rubrik schon häufiger erwähnt. Mal mit Ideen, mal mit Konzepten, manchmal mit konkreten Projekten. Dass sich die Mitarbeit in der IG nicht nur für deren Mitglieder lohnt, zeigen nachdrücklich ein paar deren Köpfe mit ihren Ideen. Nachhaltigkeit geht uns alle an.
Dass der Ehrgeiz in der Interessengemeinschaft entstanden ist, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, zeigt das Beispiel von M-Ely, gesprochen Emelie, die insbesondere eine neue Freundin von Reinhard Müller ist, der bislang weniger als Tüftler in Sachen Schleifwasserreinigung bekannt war. Zumindest nicht nach außen.
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Müller ist Augenoptiker in Blaufelden, und er ist Vorsitzender der Entwicklungsgemeinschaft Deutscher Augenoptiker (EDA). Und Müller ist seit einigen Jahren Erfinder, denn M-Ely hat – um im Bild zu bleiben – ihre Kindheit im Keller des Ehepaars Müller verlebt. Vor Kurzem aber stellte Müller sie den IG-Mitgliedern vor und sich als Erfinder dar, der für „klares Wasser über Nacht“ im Schleifwasserbehälter sorgt. Das heißt nicht weniger, als dass Müller nach eigenen Angaben das Problem Mikroplastik und Verunreinigungen des Schleifwassers durch Kunststoffreste gelöst hat.
Dafür sorgt eine Elektrolyse mit 12 Volt Gleichstrom. „Es werden keine Filter gebraucht, keine zusätzlichen Pumpen, es kann einmal in der Woche gemacht werden, zum Beispiel über Nacht. Einmal angeschlossen sammelt sich der Schleifschlamm nach einiger Zeit am Boden des Behälters, von wo er zum Beispiel abgesaugt werden kann“, erklärt der Tüftler. Der Prozess koste nur wenige Cent, und im Ergebnis bleibe klares Wasser zurück, das für die nächsten Schleifvorgänge genutzt kann. Das ist günstig, so wie das Gerät mit einem Anschaffungspreis im dreistelligen Bereich.
Aber wie funktioniert’s? Durch das Anlegen einer 12-Volt-DC-Spannung, mit geeigneten Elektroden, ziehen sich die im Wasser befindlichen Partikel an und werden schwerer. Im Laufe weniger Stunden werden sie dann so groß und so schwer, dass sie absinken; auch nach einem Aufwirbeln setzen sie sich wieder ab. Nach diesem Prozess kann wieder klares Wasser in den Schleifprozess gepumpt werden – und die Pumpen, Schläuche und Ventile bleiben auch sauber.
Die Produktion von M-Ely übernimmt Wardakant, gleichzeitig liefern die Nordlichter auch die passende Schlamm-Pumpe, um den Absaugprozess ebenfalls einfach zu halten. Dass pricon dann den Vertrieb übernimmt, ist nur logisch: Wie Niklas Warda (Geschäftsführer von Wardakant) engagiert sich auch Matthias Köste als Geschäftsführer von pricon in der IG Nachhaltigkeit. „Wir bedienen bei M-Ely alle drei Säulen der Nachhaltigkeit“, erklärt Müller: „Die Ökonomie ist bestens gegeben. Und auch die Ökologie: klares Wasser, mit dem man wieder schleift – oder das man am Ende bedenkenlos ins Abwasser geben kann.“ Und bei der dritten Säule der Nachhaltigkeit – Soziales – erinnert sich Müller an seine Rolle als EDA-Vorsitzender: Von den Lizenzgebühren gehen einhundert Euro direkt an den EDA!
„Ergänzung, keine Konkurrenz“
Niklas Warda freut sich über die Idee seines zukünftigen Geschäftspartners und sieht die ab April 2025 erhältliche M-Ely dabei als Ergänzung seines Produktes, nicht als Konkurrenz. „Wir liefern zusätzlich weitere Zubehörprodukte dafür, wie Pumpen zum Absaugen des Wassers oder Absaugeinrichtungen für den eigentlichen Schleifschlamm. Und wir möchten M-Ely auch als Upgrade zur TideKlar Mini anbieten.“ Die TideKlar Mini ist die kleine Schwester der TideKlar im Bereich der Schleifwasser-Filtertechnik. Sie schafft es, 2.500 Gläser „lang“ ohne Wasserwechsel und ohne Verbrauchsmaterialien auszukommen.
Warda habe eine Antwort benötigt auf die große Nachfrage „nach einer kleineren und kostengünstigeren Lösung, die mit einer kompakten Bauform und einem Wasservolumen von circa 40 Litern in jedem gängigen Unterschrank Platz findet“. Die TideKlar Mini spreche jene Betriebe an, die ein geringeres Schleifvolumen haben und daher die größere Investition in eine TideKlar bisher gescheut haben, „oder jene, die gerne eine TideKlar nutzen würden, jedoch einfach nicht die benötigten Platzverhältnisse in Ihrer Werkstatt dazu haben“, ergänzt Warda.
Fünf Gramm Mikroplastik nehme jeder Mensch jede Woche in sich auf, erklärte Müller Ende Februar bei einem Webinar zum Thema (Aufzeichnung unter akademie.partnerauge.de) – das ist in etwa so viel, als würde man eine Kreditkarte knabbern: jede Woche eine! Es erscheint also sinnvoll und gesund (!), dass unsere Branche möglichst wenig verunreinigtes Schleifwasser in den Kreislauf bringt, auch wenn man nicht der IG Nachhaltigkeit angehört. TideKlar Mini und M-Ely sind zwei einfache Möglichkeiten, zumindest werden die Ausreden mit ihnen weniger.
Plastik in Tütenform
Letzteres hat auch Frank Tente bei einem anderen Projekt bemerkt. Natürlich ist der Chef von Koberg & Tente ebenfalls Mitglied bei der IG Nachhaltigkeit, er hat indes mehr mit Plastik in Tütenform zu tun, nutzt es aber nur noch, um empfindliche Brillenfassungsbügel beim Versand zu schützen. Die Fassungen selbst werden schon seit einiger Zeit im Leinenbeutel an die Augenoptiker versendet.
„Wir haben uns viele Jahre intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit und vor allem mit der ökologischen Verträglichkeit beschäftigt. In diesem Zusammenhang haben wir uns natürlich auch Gedanken zu unseren Verkaufsverpackungen gemacht“, erklärt Tente. Traditionell werden auch heute nach wie vor die meisten Brillenfassungen in Polybeuteln verpackt und versendet – sehr zum Ärger mancher Kolleginnen und Kollegen. „Schon allein, wenn wir nur unseren Außendienst mit neuen Fassungen versorgt haben, lag der Tisch voll von diesen Beuteln. Das wollten wir ändern“, erinnert sich Tente an die Anfänge des Projektes Leinenbeutel.
Noch heute muss Tente hin und wieder erklären, warum er zusätzlich zu dem Wechsel auf Leinen ein Mehrwegsystem für die Beutel installiert hat. „Der Leinenbeutel ist eine ökologische und kompostierbare Variante, aber in der Produktion verbraucht er viel Energie.“ Deswegen habe man sich entschlossen, daraus direkt ein Mehrwegsystem zu machen. Anfangs nutzen die Koberg & Tente-Kunden die Beutel noch häufig zur Abgabe der Brillen an deren Kunden, es kamen nur wenige Beutel zurück. „Mittlerweile sind es aber sehr große Mengen, die wir wieder in den Kreislauf einfließen lassen können“, meint Tente und verrät dabei auch den möglichen „Gamechanger“: „Als kleines Dankeschön bekommen die Kunden eine Tafel GEPA-Schokolade!“
Und daran wiederum könnten sich die IG-Kollegen ein Beispiel nehmen. Weder Müller noch Warda und auch nicht Köste haben zukünftigen Kunden Süßes versprochen. Vielleicht die Chance für ein weiteres IG-Mitglied, sich diesem tollen Projekt anzuschließen?