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Abhängigkeit von nur einer Warengruppe problematisch

Gleitsichtgläser: Wertschöpfungsbasis in der Augenoptik

Till Herzog ist Senior Business Group Manager für “Home, Health & Lifestyle, Optic and Acoustic” bei der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung, Nürnberg) und wird als Branchenkenner sehr geschätzt. Auf Anfrage von eyebizz analysiert er die aktuellen Marktdaten für Gleitsichtgläser. Bekanntlich ist das Gleiter-Segment zurzeit ausschlaggebend für die Wertschöpfung der stationären Augenoptik. Herzog hält diese Abhängigkeit für problematisch.

Stichprobe von 2.000 Augenoptikern, inklusive Ketten

Die Marktforscher der GfK beobachten seit 1990 den augenoptischen Markt in Deutschland. Die Basis ihrer Daten ist eine repräsentative Stichprobe von Augenoptikern, die der GfK ihre Abverkäufe auf Produktebenen melden, den mengenmäßigen Absatz und den erzielten Abverkaufspreis inklusive MwSt.

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Während die Stichprobe zu Beginn der Beobachtung auf den Angaben von rund 100 Augenoptikern basierte, melden mittlerweile inklusive der Ketten fast 2.000 Betriebe Daten an die GfK. Die Beobachtung umfasst die Warengruppen Kontaktlinsen, Pflegemittel, Sonnenbrillen und natürlich die Brillenoptik, die sich aus Gläsern und Korrektionsfassungen zusammensetzt.

Umsatzanteile der Warengruppen relativ konstant

Die Struktur der Warengruppenverteilung des Augenoptikumsatzes bleibt relativ konstant im Zeitablauf: Die Brillenoptik machte 2009 etwa 86 Prozent des Umsatzes aus, 2016 waren es 86,2 Prozent, der Gläser-Anteil lag 2009 bei 60,8, jetzt liegt er bei ca. 62 Prozent. Die Gläser sind somit die umsatzstärkste Warengruppe bei den Augenoptikern und bauen ihre Stellung eher noch aus, als dass sie rückläufig wären.

Interessante Preisentwicklungen

Interessant ist der Preis, der in dem Zeitablauf für Gläser um etwa 20 Prozent gestiegen ist, was auch inflationsbereinigt noch ein geringes Wachstum bedeutet. Die Fassungen bleiben im Preis eher konstant, was real einem deutlichen Preisrückgang gleichkommt.

Was ist an der Warengruppe „Brillengläser“ so besonders, dass sie diese dominante Stellung im Markt hat? Das liegt sicherlich daran, dass sie das Produkt Brille ausmacht.

Innovationen als Markttreiber

Hieraus ergibt sich, dass sich Produktinnovationen, die das Sehen deutlich verbessern und erleichtern, am Markt sehr schnell umsetzen lassen, da ihr Nutzen für den Konsumenten sofort augenscheinlich wird. Ein weiterer Grund hierfür ist die sehr gute Ausbildung der Augenoptiker in Deutschland, die dafür sorgt, dass Produktneuheiten dem Konsumenten reibungslos angepasst werden können.

Ein gutes Beispiel für die andauernde Innovation im Gläsermarkt sind die Gleitsichtgläser, ein Produktsegment, das auf den älteren Teil der Brillenträger fokussiert ist. Aufgrund der Situation, dass der Anteil der Brillenträger in den oberen Altersklassen deutlich ansteigt, macht der Teil der über 45-Jährigen einen großen Teil der Brillenträger aus. Die allgegenwärtig diskutierte Änderung der Altersstruktur in Deutschland hinterlässt hier deutliche Spuren.

Gleitsichtglas-Stückzahlen steigen an

Betrachtet man die Grafik 1, so ist der Anstieg der Gleitsichtglas-Stückzahlen (Salesunits) von 2006 bis 2016 deutlich zu erkennen: Waren es zu Beginn 26,5 Prozent so ergaben sich 2016 34,4 Prozent. Sicherlich erklärt sich ein großer Teil der Entwicklung durch die Verdrängung der bifokalen Gläser, allerdings hat sich auch der Anteil der Presbyopen an den Brillenträgern erhöht.

Grafik 1: Entwicklung von Stückzahlen und Preis bei den Gleitsichtgläsern 2006 bis 2016. Die Stückzahlen steigen, der Durchschnittspreis sinkt in jüngster Zeit.

Bemerkenswert ist die Entwicklung des Durchschnittspreises, der sich im Verlauf des wachsenden Anteils der Gleitsichtgläser deutlich erhöht. Besonders interessant ist der Zeitraum 2011 bis 2013, hier wurde der Preis stark getrieben durch das Wachstum bei den Individualgläsern, die in diesen Jahren durch Einführungen von Neuprodukten vieler Hersteller einen sehr positiven Trend hatten. Zum Ende des Zeitraumes sehen wir eher eine Stagnation oder einen leichten Rückgang des Preises für Gleitsichtgläser. Dies liegt an den mittlerweile oft preisgünstigen Angeboten für Gleitsichtgläser unter 200 Euro, teilweise auch 100 Euro pro Glas.

Hieraus ergibt sich das eingangs erwähnte Risiko für die Zukunft. Betrachtet man die Grafik 2, so sieht man den wertmäßigen Anteil der Gleitsichtgläser an dem Glasmarkt, der mit über 60 Prozent die starke Abhängigkeit des Glasumsatzes von den Gleitsichtgläsern augenfällig macht.

Grafik 2: Der wertmäßige Anteil der Gleitsichtgläser am Glasmarkt spiegelt mit über 60 Prozent die starke Abhängigkeit des Glasumsatzes von den Gleitsichtgläsern.

44,4 Prozent Branchenumsatz durch Gleitsicht

Noch deutlicher wird das, wenn man den Gleitsichtumsatz in das Verhältnis zum Gesamtumsatz der Augenoptikbrache setzt, dieser beträgt mittlerweile 44,4 Prozent. Ein nachhaltiger Preisrückgang bei Gleitsichtgläsern würde die Branche hart treffen. Dies zeigt eindringlich, wie wichtig es ist, neben den Gleitsichtgläsern andere werttreibende Produktsegmente zu generieren, wie zum Beispiel Nahgläser für die Bildschirmarbeit, phototrope Gläser oder auch hochwertige Sonnenbrillen mit Stärke.

Die Ausschöpfung des Potenzials weiterer Warengruppen wie Fassungen aber auch Kontaktlinsen sind wichtig, um die Wertschöpfung der Branche auf mehrere Beine zu stellen: Die Abhängigkeit von einem Produktsegment ist einfach zu risikoreich.

 

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