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Big Player am Start

Brillen-Markt: Monopoly der Markenlizenzen

Beim allseits beliebten Brettspiel Monopoly geht es um Straßen und Immobilen. Beim Marken-Monopoly der Augenoptik ähnlich um Gewinn und Verlust rund um die Brillen-Lieblingslizenzen der Konsumenten – Mittler sind dabei augenoptische Partner, aber auch eigene Geschäfte der Hersteller, natürlich auch Online-Portale. Zurzeit wechseln lukrative Markennamen die Lizenzgeber, so dass es zwischendurch schwerfällt, den Überblick zu behalten, welche Topseller nun gerade welchem der Big-Player am weltweiten augenoptischen Markt gehören. Mindestens vier Große bringen den Markt aktuell in Bewegung.

Monopoly

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Bei den Überlegungen für die nächste Orderrunde kann ein Blick auf die Zusammenhänge nicht ohne Folgen bleiben. Manche Independent-Enthusiasten formulieren es deutlich: Welcher Augenoptiker möchte schon die Konkurrenz unterstützen, die längst im vertikalen Vertrieb ist? Aber wer will schon auf Star-Marken wie Ray Ban oder Gucci verzichten?

In den vergangenen Monaten ploppten immer wieder Meldungen auf, die über den Wechsel von Brillen-Lizenzen berichten. Was tut sich da, fragt sich der Außenstehende und stellt bei näherer Betrachtung fest, dass es fundamentale Verschiebungen im Kräfteverhältnis der großen Branchenteilnehmer gibt. Selten war der augenoptische Markt so dynamisch wie heute.

Herber Schlag: Ende 2020 kommt das Aus für Safilo und Dior

Starten wir mit einer Meldung von Mitte Juli: Nach 23 Jahren läuft der Lizenzvertrag vom italienischen Brillen-Hersteller Safilo für Dior-Brillen Ende 2020 aus. Was bedeutet diese Veränderung für den unabhängigen Augenoptiker, was für den italienischen Fassungshersteller Safilo (Padua)?

Safilo - Dior Eyewear - Model Soligt 1
Safilo – Dior Eyewear – Model Soligt 1 (www.dior.com Screenshot)

In zwei Jahrzehnten verkaufte Safilo weltweit laut eigenen Angaben mehr als 30 Millionen Dior-Fassungen und Sonnenbrillen. 2018 trug die Dior-Brillen-Lizenz allein über 13 Prozent zum Gesamtumsatz des Unternehmens bei. Safilo-Geschäftsführer Angelo Trocchia kommentiert den Lizenzverlust beschwichtigend, die 85-jährige erfolgreiche Geschichte innerhalb der Branche stimme das Unternehmen auch für die Zukunft zuversichtlich: „Wir setzen auf unser Humankapital, auf die Solidität eines attraktiven, ausgewogenen Lizenzportfolios und auf unsere eigenen Exklusivmarken, die planmäßig wachsen.“ Das Ende dieser Liaison quittierte die Mailänder Börse allerdings prompt nach Bekanntwerden mit einem Kursverlust von rund acht Prozent für die Aktie.

Angelo Trocchia neuer CEO bei Safilo
Angelo Trocchia, CEO von Safilo: „Safilo wird weiterhin eine große Rolle bei den Lifestyle-Lizenzen spielen. Manche werden gehen, andere gute werden kommen. Wir haben eigene Marken, mit denen wir aggressiver arbeiten werden als in der Vergangenheit. Smith, Carrera, Polaroid haben alle großes Potenzial.“ (Bild: Safilo)

Das Ende der Zusammenarbeit war absehbar

Insider wissen, das Ende der Lizenzvereinbarung war absehbar. Wieso eigentlich? Dazu muss der geneigte Leser in die Sphären der Top-Marken und deren Besitzer aufsteigen. Dazu gehören beispielsweise die LVMH, eine Art Champagner-Imperium. Hinter den vier Buchstaben steckt die börsennotierte Moët Hennessy – Louis Vuitton SE, der weltweite Branchenführer der Luxusgüterindustrie, der Rechte an über 70 verschiedenen Marken hält, die weltweit wiederum in über 4.600 (Statista, 2019) eigenen Geschäften vertrieben werden. Unter anderem gehört Dior dazu.

LVMH und die Göttin des Sehens

Und nun tritt ein besonderes Joint-Venture und die Augenoptik aufs Spielfeld. Mit Thélios, das mit seinem Namen an Théia, die Göttin des Sehens, und Hélios, den Gott der Sonne, verweist, hat Bernard Arnaults LVMH-Gruppe bereits Ende 2016 Jahren ein neues Geschäftsmodell eingeführt. Ziel sei es, „ein Ökosystem der Innovation und Exzellenz zwischen Handwerk, Industrie und neuen Technologien aufzubauen und gleichzeitig eine produktgerechte Distribution auf hohem Niveau zu gewährleisten”, so der Luxusmogul der LVMH, der laut Forbes Magazin auf Platz vier der reichsten Menschen der Welt gehört.

Mit im Joint-Venture-Boot sitzt der italienische Brillen-Konzern Marcolin (49 Prozent). Entsprechend hat Giovanni Zoppas im Juni seine Aufgaben als CEO bei der Marcolin Group niederlegt, bleibt zwar weiterhin Marcolin-Vorstandsmitglied, hat jetzt aber zeitgleich für Thélios den Chefsessel bezogen. Nicht zu vergessen, dass LVMH 2017 mit zehn Prozent bei Marcolin selbst eingestiegen ist.

Schon im Dezember 2017 versetzte LVMH Safilo einen Schlag, indem es die Celine–Brillen-Lizenz kündigte. Klar: Die Brillen-Kollektionen von Celine werden nun von Thélios produziert, neben denen von Loewe, Fred, Kenzo, Berluti und nun auch Dior. Es wird erwartet, dass der globale Luxusriese weitergeht. Nachdem LVMH im vergangenen Jahr eine erste Fabrik eröffnet hatte, gab das Unternehmen Anfang 2019 bekannt, dass es mit seinem Partner Marcolin eine zweite Fabrik in Italien baut. Sobald diese neue Fertigung vollständig in Betrieb ist, kann LVMH über 4,5 Millionen Brillen pro Jahr produzieren.

Brillen-Rivale Kering

Dabei hat die LVMH in seinem Rivalen Kering, ein französischer, weltweit agierender Mode- und Accessoires-Konzern mit Marken wie Gucci oder Yves Saint Laurent und dem französischen Milliardär François Pinault an der Spitze einen Vorreiter. Kering hat ebenso all seine Brillen-Aktivitäten innerhalb von Kering Eyewear zusammenführt, um das lukrative Brillen-Geschäft intern zu kontrollieren. Am 1. Januar 2017 war so zum Beispiel auch die Gucci-Lizenz von Safilo in einen vierjährigen Produktionsvertrag umgewandelt worden. Die Brillen-Kollektionen von Gucci werden jetzt vollständig von Kering Eyewear produziert, das in den vergangenen drei Jahren auch die Kollektionen anderer Marken der französischen Luxusgruppe übernommen hat, die zuvor von Safilo hergestellt wurden (Bottega Veneta, Saint Laurent, Alexander McQueen und McQ).

Safilo hat zurzeit noch drei LVMH-Labels im Portfolio: Givenchy, Fendi und Marc Jacobs. Trocchia bleibt optimistisch, so zitiert ihn die unternehmenseigene Pressemitteilung: „Wir werden uns ausschließlich auf unsere Kreativität, unser technologisches Knowhow und unsere Mitarbeiter konzentrieren, um unser Markenportfolio weiter auszubauen, das bereits durch die Erneuerung von Lizenzvereinbarungen mit Schlüsselmarken wie Kate Spade New York, Tommy Hilfiger, Havaianas und Fossil sowie durch kürzlich unterzeichnete Verträge für Levi’s, Missoni und David Beckham gestärkt wurde.“

Im eybizz-Interview sagte Trocchia bereits im vergangenen November: „Gucci ist vorbei, ich konzentriere mich auf die Zukunft. Safilo wird weiterhin eine große Rolle bei den Lifestyle-Lizenzen spielen. Manche werden gehen, andere gute werden kommen. Wir haben eigene Marken, mit denen wir aggressiver arbeiten werden als in der Vergangenheit. Smith, Carrera, Polaroid haben alle großes Potenzial.“

Safilo gehört zu HAL

Soviel zu den beiden Luxus-Konzernen, die um ihr Stück vom augenoptischen Kuchen kämpfen. Und Safilo?

Die Brillen-Schmiede aus Padua hat drei Buchstaben an Bord, die in der Augenoptik nicht unbekannt sind. Die drei Buchstaben HAL lassen bei Brancheninsidern aufhorchen. HAL ist eine niederländische Investmentgruppe, zu der seit längerer Zeit auch Deutschlands Nummer zwei im Eyewear-Business, Apollo, gehört.

Brillen-Markt - HAL und Safilo
Grafik HAL und Safilo (Quelle: Safilo)

Zur Erinnerung: Der Name Apollo wurde 1969 als Marke der Foto-Quelle eingetragen. 1972 wurde Apollo als eigenes Unternehmen mit Hauptsitz in Schwabach gegründet, zehn Jahre später erfolgte der erste Handelsregistereintrag der Apollo-Augenoptik GmbH. 1985 hieß das Unternehmen Apollo-Optik GmbH. Seit 1998 gehört es über die niederländische Beteiligungsgesellschaft HAL Investments zur internationalen Optik-Gruppe Pearle.

2011 ging daraus die GrandVision-Gruppe hervor, einer der größten Optikkonzerne der Welt, mit heute 6.110 Filialen in 44 Ländern und einem Umsatz von 3,2 Milliarden Euro (2015). HAL ist 2010 bei Safilo eingestiegen und hält zurzeit knapp über 49 Prozent der Aktien und ist damit stärkster Aktionär des italienischen Fassungshauses (siehe Grafik).

Last but not least: die Nummer eins

Kommen wir zum größten der aktuellen Akteure: Mitte Juli wurde bekannt, dass EssilorLuxottica überlegt, GrandVision zu kaufen. Verhandelt werde um eine Beteiligung von 76,72 Prozent an der Optik-Kette, die – wie gesagt – mehrheitlich unter Kontrolle der HAL-Holding steht. Luxottica hat nach eigenen Angaben schon jetzt über 7.000 Retail-Geschäfte weltweit, gehen sie nun nach der Fusion mit der Nummer eins der Brillenglashersteller mit weltweit weiteren über 7.200 Filialen an den Start? Welchen Einfluss hat das dann wieder auf Safilo? Nicht zuletzt: Mit den zurzeit 850 Filialen von Apollo wäre EssilorLuxottica auch im deutschen Markt stationär im direkten Kontakt zum Endverbraucher.

EssilorLuxottica - Brillen-Marken
EssilorLuxottica hat etliche Brillen-Marken im Portfolio (Bild: Screenshot)

Die Verhandlungen gehen voran. EssilorLuxottica und HAL haben sich aktuell auf einen Kaufpreis von 7,3 Milliarden Euro geeinigt, so die Pressemitteilung von heute. Pro Aktie würde EssilorLuxottica damit einen Preis von 28 Euro zahlen. Wenn die Übernahme innerhalb der nächsten zwölf Monate nicht erfolgt, sogar etwas mehr. Bis jetzt steht noch nichts fest, die Kartellbehörden werden das letzte Wort sprechen.

Grenzen des Wachstums

Deutlich wird: Die vertikale Verteilung von augenoptischen Produkten von den Herstellern am unabhängigen augenoptischen Fachhandel vorbei nimmt weltweit zu, jetzt auch in Deutschland. Als Wachstumsbremsen für die Großen könnte sich die Vereinheitlichung des Angebots erweisen. Wenn individuelle Konsumenten nach Produkten suchen, die ökologisch verantwortlich und individuell gefertigt werden, landen sie oft bei den vermeintlich Kleinen.

Aber auch Apollo (jetzt HAL, demnächst vielleicht EssilorLuxottica) reagiert auf neue Strömungen – wie zum Beispiel mit den anspruchsvolleren John & Audrey Filialen, die mittlerweile nicht nur in Düsseldorf, sondern auch in Wiesbaden auf gehobene Kundschaft eingehen (eyebizz 4.2019 berichtete).

Das Monopoly-Spiel im Brillen-Markt geht weiter: Mal sehen, wer beim nächsten Schritt über Los – sei es während der Silmo oder der kommenden opti in München – 4.000 Euro einzieht.

// CH

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