Anzeige
Anzeige
Marktdaten 2018 von Euromcontact

Bleiben die Deutschen Kontaktlinsen-Muffel?

Seit 2003 veröffentlicht Euromcontact jährlich Marktdaten zum Verkauf von Kontaktlinsen und Kontaktlinsenpflegeprodukten in 31 Ländern – mit Schwerpunkt auf Europa. Ein genauer Blick auf die veröffentlichen Zahlen für 2018 lohnt sich. Erneut zeigt sich, wie besonders der Kontaktlinsen-Markt in Deutschland ist. eyebizz fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen und befragte zwei Kontaktlinsen-Experten dazu.

Euromcontact - Kontaktlinsen-Markt Europa 2018
Europäischer Kontaktlinsen-Markt 2018: der Jahresumsatz im Ländervergleich – Bei den Kontaktlinsen-Trägern zwischen 15 und 64 Jahren rangiert Deutschland im europäischen Vergleich auf dem vorletzten Platz. Und daran scheint sich auch vorerst wenig zu ändern.
Zur Erklärung: DD = Tages-Linse, W/B-W & M = Wochen-/Zwei-Wochen-Linse und Monats-Linse; CS = konventionelle weiche Kontaktlinse (Quelle: Euromcontact)

Im Jahr 2018 stieg der Marktwert von weichen Kontaktlinsen um 4,5% auf 1,831 Mio. Euro. In den letzten beiden Jahren lag der Zuwachs jedoch bei 5,7%. Das stärkste Wachstum war in der Schweiz (14,7%) und Dänemark (8,2%). Silikon-Hydrogele haben dabei einen Anteil von 84,5% am Wochen-, Zwei-Wochen- und Monatslinsensegment in allen 33 Ländern.

Anzeige

Wachstum leicht gebremst

Der Kontaktlinsenmarkt für die elf gemeldeten Länder (BE-LU; DK; FR; DE; NL; NO; ES; SE; CH; UK-IE) – sie repräsentieren 80% der insgesamt gesammelten Daten – wuchs laut Euromcontact um 2,7% auf 1,446 Mio. Euro. In den zwei Jahren davor lag der Zuwachs bei 4,3 bzw. 4,8%. In diesen elf Ländern wuchs der Anteil von Tageslinsen um 6%, der von Wochen-/Zwei-Wochen- und Monats-Linsen fiel um 1,2%, der von konventionellen Linsen um 10,5%.

Tageslinsen im Trend

Tageslinsen sind also immer noch ein starker Wachstumstreiber, seit Jahren steigt ihr Anteil bei den Kontaktlinsen. In Deutschland allerdings bleibt der Anteil an Tageslinsen deutlich unter dem an Wochen-/Zwei-Wochen- und Monats-Kontaktlinsen. Die aktuellen Zahlen: 58,1% bei Wochen bzw. Monats-Linsen, 3,9% bei Drei-Monats-Linsen und länger; 8,4% bei formstabilen KL und 29,6% bei weichen KL (Tageslinsen). Interessantes Faktum: In mindestens der Hälfte der europäischen Länder ist es genau umgekehrt.

Deutschland fast Schlusslicht bei Kontaktlinsen

Mit einem Gesamtanteil von 14,18% (–3,9%) der 15- bis 64-jährigen Bevölkerung, die Kontaktlinsen tragen, liegt Schweden an der Spitze des Rankings, gefolgt von Dänemark mit 13,5% (+5,6%) und Norwegen 4,0% (+0,1) und an vorletzter Stelle Deutschland mit 4,3% (–0,2%).

Wir fragten zwei Kontaktlinsen-Experten:

1) Wie beurteilen Sie den Trend zur Tageslinse?

2) In Deutschland bleibt der Anteil an Tageslinsen deutlich unter dem Anteil an Wochen-/ Zwei-Wochen- und Monats-Kontaktlinsen. In mindestens der Hälfte der europäischen Länder ist es genau umgekehrt. Gründe?

3) Warum kommt die Kontaktlinse in Deutschland so schlecht voran?

Leerzeile

Jörg Bauer, Business Unit Head Alcon Vision Care

Zu 1) Dieser Trend ist analog des Trends hin zu mehr Convenience, der sich auch in anderen Lebensbereichen abzeichnet. Ein-Tages-Kontaktlinsen sind flexibel im Tragerhythmus und ohne Pflegeaufwand sehr bequem in der täglichen Handhabung. Daher eignen sie sich besonders gut auch für Kontaktlinsen-Neueinsteiger. Außerdem bieten Ein-Tages-Kontaktlinsen durch den täglichen Austausch ein Maximum an Hygiene. Dazu kommt, dass es inzwischen immer mehr Ein-Tages-Kontaktlinsen aus Silikon-Hydrogel gibt, die eine höhere Sauerstoffdurchlässigkeit bieten und dadurch den Komfort für den Kontaktlinsenträger noch weiter erhöhen. Diese Vorteile führen zu weniger Dropouts, also dem Ausstieg aus dem Kontaktlinsentragen.

Zu 2) Einer der Gründe hierfür könnte etwas mit der länderspezifischen Anpasser-Historie zu tun haben. Mitunter liegt es aber auch an den verfügbaren Einkommen in den jeweiligen Ländern bzw. der Bereitschaft, Geld in das Kontaktlinsen-Tragen zu investieren. Das Tragen von Austauschkontaktlinsen inklusive Pflegemittel ist im Vergleich zum Vollzeittragen von Ein-Tages-Kontaktlinsen kostengünstiger.

Zu 3) Zwei der Gründe hierfür sind die fehlende Ansprache und die geringe Sichtbarkeit der Kontaktlinse in den Geschäften. Ein Blick auf den Kontaktlinsen-Markt zeigt uns das beachtliche Wachstumspotenzial, das hier zur Verfügung steht. Jetzt ist es allerdings wichtig, dass auch der Augenoptiker dieses Potenzial erkennt und die Kontaktlinse als Chance auf mehr Umsatz und Kundenfrequenz in seinem Kontaktlinsen-Geschäft nutzt.

Neben dem Einsatz von Dekorationsmaterialien für den PoS sowie der Einbindung von Materialien auf den eigenen digitalen Plattformen bzw. Social-Media-Kanälen empfehlen wir die aktive Ansprache der Konsumenten durch den Augenspezialisten im Geschäft mit anschließender Einbindung in ein Kontaktlinsen-Abonnement über InContact oder elina. (…)

Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg mit Kontaktlinsen ist die Trennung von Produktpreis und Dienstleistung. Oft kalkuliert der Augenoptiker seine Dienstleistungen in den Verkaufspreis der Kontaktlinse ausreichend ein und ist dann nicht mehr wettbewerbsfähig, da der Verbraucher die Preisdifferenz im Vergleich zu anderen Anbietern nicht versteht. Daher müssen die Leistungen, wie Beratung, Anpassung und Nachkontrolle, durch den Augenoptiker stärker kommuniziert werden.

 

Jérôme Kuzio, Head of Marketing Germany, Austria, Switzerland (DACH) Cooper Vision:

Zu 1) Wir erklären uns den Trend mit veränderten Verbraucherbedürfnissen. Jüngste Studien belegen, dass der moderne Verbraucher nach einem gesunden, einfachen und flexiblen Produkt sucht. Die Erwartungshaltung an das moderne Kontaktlinsen tragen zeigt, dass Verbraucher sich heute von ihren Kontaktlinsen Flexibilität, hohen und langanhaltenden Komfort, optimale Gesundheit, kontrollierbare Kosten, täglich hygienische Kontaktlinsen und einfaches Handling wünschen. Einmal-Kontaktlinsen bedienen den Wunsch zu 100% und passen zu dem gesundheitsbewussten Lifestyle der Kunden.

Zu 2) Drei Thesen dazu: I) Der deutsche Kontaktlinsenmarkt ist eher traditionell und nimmt Kontaktlinse-Trends häufig etwas verzögert auf. Das hat auch mit kulturellen Unterschieden, mit einer anders ausgerichteten Ausbildung sowie der Bedeutung und dem generellen Stellenwert der Kontaktlinse im Fachhandel zu tun.

II) Dass die Kategorie der Einmal-Kontaktlinsen in Deutschland über alle Kanäle über die letzten vier Jahre laut Euromcontact viermal so schnell wie das Wochen-/Zwei-Wochen-/Monats-Linsensegment gewachsen ist, hat unserer Meinung nach auch mit der Weiterentwicklung der modernen Materialien und Korrektionsmöglichkeiten zu tun.

III) Ein Aspekt, der speziell hierzulande zum Tragen kommt und sich in anderen europäischen Ländern nicht so stark ausgeprägt finden lässt, ist die eigentümliche Bewertung der Einmal-Linse durch den Augenoptiker. Viele Augenoptiker denken bei Einmal-Linsen immer noch „im Portemonnaie“ des Verbrauchers und entscheiden für ihn, anstatt alle verfügbaren Optionen aufzuzeigen und ihn dann frei entscheiden zu lassen, was er sich leisten kann und will.

Zu 3) Wir sehen hier mehrere Herausforderungen. Sowohl in der Aus- als auch Weiterbildung (Meister, Bachelor, Master) ist die Kontaktlinse nur Randgebiet bzw. liegt im Bereich der Anpassung ein höherer Fokus auf den formstabilen und Speziallinsen, was am globalen und lokalen Markt vorbei zielt, wenn man die Verteilung auf dem Markt sieht. Ausbildungsinhalte sind sehr traditionell mit wenig Berücksichtigung aktueller (Verbraucher-)Trends und daraus resultierender Verhaltens- und Erwartungsänderungen an die KL, somit später geringe bis nicht vorhandene KL-Fachkompetenz.

Ein anderes Problem: Fehlende Ansprache und Sichtbarkeit, da zu wenig (Fach-)Personal und Nachwuchssorgen. Das heißt vermehrt Anstellung von reinem Verkaufspersonal, das sich auf das Brillengeschäft fokussiert und unzureichend auf die Kontaktlinse vorbereitet ist.

Weiterhin mangelndes Verständnis über Wirtschaftlichkeit bei den Augenoptikern: Es herrscht oftmals noch der Irrglaube, dass Kontaktlinsen nicht umsatzträchtig sind und schon gar nicht ertragsstark, was eine Lifetime-Value-Betrachtung aber entkräftet. Ein neugewonnener Träger, der die kritische Einstiegszeit (Drop-Out-Risiko!) übersteht, bleibt laut aktuellsten Studien durchschnittlich zwölf Jahre in der Kontaktlinse und beschert dem Fachhandel unter Berücksichtigung gängiger Vertriebsmodelle (z.B. Home-Delivery; ad Hoc Ordering etc.) einen nachhaltigen Umsatz.

// JUEB

ID [8819]

 

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Wunderschöne Theorien die die Herrschaften da haben.
    Wie wäre es mit dieser Theorie…? Nirgendwo außerhalb von Deutschland kann der Endverbraucher Markenkontaktlinsen im Onlinehandel billiger einkaufen, als der Augenoptiker mit Rabatt direkt beim Hersteller.
    Warum sollte ich mir die Mühe einer Anpassung machen, wenn ich davon nichts habe?
    Die Herrschaften bekommen einfach den Hals nicht voll und kapieren nicht, dass jede Box, die von einem osteuropäischen Onlineversender verschickt wird, dem regulären Handel in Deutschland fehlt. Jeder Optiker der Markenlinsen, die unter EK im Netz angeboten werden, anpasst ist in meinen Augen ein schlechter Geschäftsmann und trägt mit dazu bei, dass Kontaktlinsen die über Anpasser bezogen werden, als “zu teuer” empfundenen werden.
    Es ist ganz einfach… Entweder die Hersteller verkaufen ihre Kontaktlinsen außerhalb von Deutschland viel zu günstig, oder (wie bei Medikamenten) wir werden in Deutschland abgezockt.

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.