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Künstliche Intelligenz verändert die Welt – auch die in der Augenoptik

Christophe Hocquet, CEO Brille24Christophe Hocquet, CEO von Brille24, versandte eine provokante Pressemitteilung an die Fachpresse mit der Headline: „Fielmann’s Schwäche ist die Zukunft von Brille24“. Wir wollen wissen, was hinter diesem markigen Statement steckt und fragen bei ihm nach. Ein Interview von Dagmar Schwall

Christopher Hocquet, sitzt gerade im ICE von Hannover nach Leipzig: Oldenburg, Leipzig, Bratislava, Brüssel, Wir sind international unterwegs (lacht). Aber im ernst – in zwölf Ländern der Erde gibt es Brille24 inzwischen. Im nächsten Jahr werden wir in Indien ein neues Land eröffnen. Indien ist ein gewaltiger Markt für uns. Es gibt dort eine riesige Consumer Opportunity. Wir scheuen uns aber auch nicht, mittelfristig, gemeinsam mit Partnern nach China zu gehen. Shenzen ist unglaublich kreativ geworden. Sie wollen dort immer mehr produzieren und entwickeln.

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Ich investiere seit 2010 in den E-Commerce der Augenoptik. Ich bin Jahrgang 1970 und natürlich mit dem Internet aufgewachsen. Nach meinem Studium überlegte ich mir, wo die interessantesten Aufgaben und Chancen für mich liegen könnten. 1994 war das Geburtsjahr des World Wide Web. Das hat mich fasziniert. Ich wollte nicht von der Tribüne aus zusehen, sondern an diesem Spiel von Anfang an teilnehmen.

Was ist das Besondere an den Algorithmen, die Brille24 mit der Universität Oldenburg programmiert?

Das Thema Künstliche Intelligenz ist bei uns nicht so neu. Wir sind ja eine Technologie Firma. Als die Entwicklung des Deep Learning und Auswertung von Smart Data im E-Commerce aufkam, waren wir sofort dabei. Schon vor Monaten startete das Unternehmen mit den Kooperationspartnern der Universität Oldenburg und dem deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz mit verschiedenen Projekten. Es geht jetzt darum, dass sich zwei Arten von Algorithmen ergänzen und sich wechselseitig weiterentwickeln. Das ist das Self Learning System.

Inzwischen basieren die ersten Anwendungen in internen Prozessen auf Deep Learning Modulen. Diese selbstlernenden Systeme sind Teil der Strategie von Brille24. Selbst die Finanzbuchhaltung ist auf einer KI aufgebaut. Die Rechnungen werden von den Algorithmen gelesen und geprüft. Sie ordnen diese bestimmten Vorgängen zu und sie machen zum Teil sogar die Buchungen.

Doch es gibt noch viel mehr Bereiche, die davon betroffen sein werden. Wir haben einige Projekte generiert, die wir in einer Art Roadmap, also Fahrplan erfasst haben. Daraus wurden Anwendungen bestimmt, die wir gerne auf Basis von KI umsetzen würden. Einige sind sogenannte „Quick Wins“, die schnell zu realisieren sind. Andere sind Entwicklungen, die ca. zwei bis drei Jahre dauern werden und die wir auch nicht ausschließlich alleine angehen. Daraus haben wir unsere KI Strategie entwickelt. Das Ergebnis haben Sie in unserer PR Meldung von gestern gelesen. Doch es ist noch viel, viel mehr dahinter. Wir arbeiten nicht nur mit der Universität Oldenburg zusammen, sondern auch mit Industriepartnern. Wir scheuen uns sogar nicht davor, mit Wettbewerbern in bestimmten Teilgebieten zu kooperieren. Wir haben in den letzten zwei Jahren einen Vorsprung erarbeitet, der vom Wettbewerb kaum mehr einzuholen sein wird.

Unser Marketing überlassen wir teilweise schon heute der KI. Sie spricht alle Sprachen und ist multi-national. Anzeigen bei Google Adwords z. B. werden von unseren Algorithmen in allen Sprachen automatisch geschaltet. Da sitzt kein Marketing Mensch mehr, der das übersetzt oder entscheidet oder in Auftrag gibt. Unsere Algorithmen wissen auch wie die Werbung auf das jeweilige Land angepasst werden muss. Sie werten die Ergebnisse aus und nehmen selbst die notwendigen Änderungen vor. Da schaut kein Mensch mehr drüber. Das System optimiert sich selbst. Auf diese Weise konnten wir einige Marketing Mitarbeiter einsparen.

Was können Augenoptiker von Brille24 lernen?

Der unabhängige Augenoptiker ist viel schlauer, als er von der Industrie wahrgenommen wird. Wir arbeiten momentan mit ca. 100 Partneroptikern zusammen und wollen auf insgesamt ca. 300 Augenoptiker in Deutschland kommen. Die Augenoptiker lernen mit uns das digitale Geschäft kennen und erkennen auch ihre Chancen. Wir helfen ihnen und geben dem Endverbraucher die Freiheit online zu kaufen oder bei ihrem Augenoptiker vor Ort. Dadurch bekommen die Geschäfte mehr Umsätze und Kunden. Wir entwickeln mit den Partnern auch ihre offline Seite weiter. Der Augenoptiker hat mit Brille24 den Zugang zu einem riesigen Katalog von Produkten. Er bestellt sie bei uns und verkauft sie mit allen Vorteilen, die wir ihm bieten können. Der individuelle Augenoptiker hat immer eine Zukunft.

Wie weit ist die E-Refraktion am Bildschirm?

Mit der KI muss man aufpassen. Alles was wir in Nullen und Einsen beschreiben können, wird programmiert werden. Es werden viele Arbeitsplätze in der Wirtschaft und Industrie wegfallen. Wenn wir bisher von der digitalen Transformation gesprochen haben, wird die Entwicklung von KI ganz andere Ausmaße – regelrecht disruptive Auswirkungen haben, die wir uns heute kaum vorstellen können.

Grundsätzlich sprechen wir hier natürlich von der objektiven Refraktion. Der Kunde wird froh sein, wenn er keine drei Stunden mehr beim Augenarzt verbringen muss, sondern seine Werte für eine Einstärkenbrille z. B. von seinem Smartphone bekommt. In den USA sind sie mit dieser Entwicklung schon recht weit. Sobald die Technik hier fortgeschritten ist, wird es einen disruptiven Schub für alle geben.

Momentan ist die Brillenindustrie noch reichlich ineffizient und in vielen Bereichen unterentwickelt. In den nächsten drei Jahren geht die gesamte Industrie auf Schatzsuche. Nehmen wir nur mal folgende Länder als Beispiel: In China werden mittlerweile schon 20% Brillen online verkauft. Die USA hat sich innerhalb der letzten 3 Jahre von 7 auf 17 % gesteigert. Da haben wir in Deutschland bei momentan nur 3 % so richtig viel Entwicklungspotenzial.

Wie ist Ihre Meinung zu dem Merger Essilor und Luxottica?

Der hat die Industrie komplett auf den Kopf gestellt. Ich sage nur: Glückwunsch für die Beteiligten. Ich hoffe nur, dass dies ein Weckruf für die Industrie sein wird. Essilor ist 2007 schon in den Online Handel eingestiegen. Das war noch vor uns.

Wie schätzt Brille24 sein Wachstum der nächsten drei Jahre ein?

Wir verdoppeln alle drei Jahre unseren Umsatz. Waren es 2015 noch 15,6 Millionen Euro sind es heute ca. 30 Millionen. Wir sind kurz davor in die Gewinnphase zu gelangen. Dabei muss man die Stückzahlen der Brillen bedenken, die wir bewegen. Eine Korrektionsbrille kostet bei Brille24 im Schnitt 65 €. Das sind dann 2018 ca. 460.000 Produkte. Würden wir nur auf die Durchschnittspreise von Fielmann kommen, könnte sich der Umsatz sofort vervierfachen.

Wie stehen Sie zu Fielmann?

Ich sehe die Leistung von Günther Fielmann mit größtem Respekt. Er verkauft 50 % aller Brillen in Deutschland. Was er die letzten 40 Jahre geschafft hat, ist unfassbar. Dennoch ist er heute nicht mehr in der aktuellen Welt unterwegs. Die Entwicklung wird seine Prognosen ad Absurdum führen. Vielmehr wird die Brillenanpassung im Geschäft durch digitale Services wie Online-Anprobe, 3D-Druck von Brillen oder der Online-Refraktion überflüssig. Die Maschinen Entwicklung zeigt heute schon, dass ich eine umfassende Refraktion weitgehend automatisiert durchführen lassen kann. Es wird kein Argument mehr sein, dass ich für die Bügel eine Anpassung benötige. Denken wir nur an die 3D Brillen, die auch schon Teil unserer Entwicklung sind.

Was ist Ihnen wichtig für die Zukunft?

Warum ich jeden Morgen aufstehe, ist dass unsere Kunden weltweit Zugang zu wertvollen Produkten erhalten. Denn der wichtigste Sinn des Menschen ist das Auge. Ein unvollständig korrigiertes Auge ist ein echter Wettbewerbsnachteil. Wir wollen die Branche demokratisieren und gutes Sehen für jeden erschwinglich machen.

//DS

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