Anzeige
Anzeige
Lichtblick mit Hitchcock

Brille: Transparenz als Versprechen

Transparente Fassungen liegen im Trend. Schon länger. Doch was bedeutet das? In unserer Glosse gehen wir der Sache auf den Grund.

Hitchcock liebte die Frauen. Und Brillen auch. Brillen weniger, um sie selbst aufzusetzen, sondern seinen Protagonistinnen. Besonders dann, wenn sie in gefährliche Plots verstrickt waren, und das waren sie ja andauernd. Wer zur transparenten Brille greift, hat Fake News und finstere Verschwörungstheorien satt.

Anzeige

Transparente Brillen sind im Trend

In „Der Fremde im Zug“ von 1951 wird eine Fehlsichtige ermordet, nachdem ihr zuvor schon die Brille zu Boden gefegt wurde. In „Ich kämpfe um dich“ spielt Ingrid Bergman die Psychologin Dr. Constance Petersen, die auch eine Brille trägt, doch nicht ermordet wird. Immer wenn sie mit Brille im Bild erscheint, heißt das für den Zuschauer: Aufgepasst! Gleich entdeckt, liest oder sieht Dr. Petersen wieder etwas außerordentlich Wichtiges. Nicht überraschend: Sie entlarvt allerlei Täuschungen und klärt ein Verbrechen auf.

Durchaus überraschend hingegen ist, wie Seh-Experte Hitchcock Brille und Bergmann inszeniert hat. Und das im Nachkriegsjahr 1946! Dr. Petersen trägt eine extraordinäre transparente Fassung, dazu helle Kleidung und hat einen unverschämt offenen Blick, gespeist aus Scharfsinn und Freundlichkeit. Man traut ihr alles zu, aber nur Gutes. Und weil wir uns das alle auch für uns selbst wünschen – und natürlich für die Welt im Allgemeinen – liegt die transparente Brille derzeit im Trend. Ganz egal, ob der Rahmen farblos ist oder ein klein wenig milchig eingetrübt, mit einem Champagner-Ton oder einem Hauch von Rosa, Minze oder Blau.

Eine zu steile These? Aber nein! Wer zu transparenten Brillenfassungen greift, hat Fake News und finstere Verschwörungstheorien satt und mag auch keine großbalkigen, fensterrahmengroße, dunkle Nerd-Brillen mehr aufsetzen. Er will nie mehr dick auftragen und doch Farbe bekennen. Er zeigt sich durchsichtig, aber nicht unsichtbar. Und hat wirklich noch Großes vor.

Die transparente Brille: Ein globales Geschenk

Denn Transparenz ist ein Versprechen: Keine schwarzen Kassen mehr, keine Mauscheleien, keine Lügen. Dr. Petersen lügt nicht. So wenig wie Jürgen Klopp, der Brillenträger des Jahres 2008. Auch er ist jetzt bei Dr. Petersen angekommen und blickt mit durchsichtigem Transparent-Gestell fair in die Welt. Besonders bei ihm – einem Herrn mit teils blonden, teils graumelierten Haaren und Fünf-Tage-Bart – macht sich das gut. Wird der Bart zu lang, rückt die Brille ins Abseits – es muss rasiert werden, doch Klopp wäre nicht Klopp, wenn er das nicht wüsste.

Alfred Hitchcock
Brille und Alfred Hitchcock (Bild: Pixabay)

Transparente Fassungen, die man niemals „Klarglasrahmen“ nennen darf, weil es ein zu hässliches Wort ist, sind einfach etwas sehr Schönes. Und sie haben noch mehr Vorzüge. Sie sind ein globales Geschenk, denn sie passen zu allen Hautfarben und lassen sich mit fast allem kombinieren, nur nicht so gut mit dunkler Kleidung, da gehen sie ebenfalls unter. Doch gerade das beschreibt ihr eigentliches Wesen besonders treffend: Sie wollen keine Dunkelheit, sie kämpfen an gegen die Finsternis des Bösen.

Auch Hitchcocks Fremder im Zug, der eine Fehlsichtige auf dem Gewissen hat – siehe oben – bekommt das im Laufe der Handlung zu spüren. Als er einer Frau begegnet, die eine ähnliche Brille trägt wie sein Mordopfer – natürlich eine transparente Fassung – bricht bei ihm der Schweiß aus, und er verhält sich so bizarr, dass er fast schon überführt wird. Man sieht: Transparente Brillen tun viel Gutes in der Welt.

/// JUEB

ID [10858]

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.