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Serie Unternehmensnachfolge – Teil 4/6

So gelingt´s: Nachfolge in der Familie

Teil IV der vorliegenden Artikelserie von Dr. Norbert Medelnik befasst sich damit, wie eine verbindliche Terminplanung für ein Nachfolgeprojekt konzipiert werden kann und welche psychologischen Klippen der Nachfolge von vorneherein vermieden werden sollten. Handlungsempfehlungen aus dem praktischen Berateralltag runden den Beitrag ab.

eyebizz-Serie Medelnik: das Team von Brillen Wichmann
Das Team der Brillen Wichmann zwei P OHG mit Sitz in der Breiten Straße 18, 31224 Peine, mit Vater und Sohn Pliefke

Die Nachfolge in mittelständischen Familienunternehmen wird immer wieder durch Konflikte belastet. Das liegt daran, dass sich betriebliche Belange regelmäßig durch psychologische Mechanismen überlagern. Manche Veröffentlichung ist sogar mit „Kränkungsdynamik in Familienunternehmen“ überschrieben.

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Detlef und Nils Pliefke, Vater und Sohn, beweisen, dass es auch anders geht: Als gleichberechtigte Geschäftsführer der Brillen Wichmann zwei P OHG mit Sitz in Peine bei Hannover berichten sie über unterschiedliche Aspekte der Nachfolge in ihrem mittelständischen Augenoptik- und Hörakustik-Unternehmen.

Dr. Norbert Medelnik: Wann haben Sie mit der Planung der Nachfolge begonnen? Und welche Zeitspanne wurde für die Realisierung der Nachfolge benötigt?

Nils Pliefke: Mit den ersten Gedanken zur Nachfolgeplanung haben wir im Zuge meiner zweiten Meisterausbildung zum Akustiker begonnen. Das war im Frühjahr 2006. Unser Nachfolgeprojekt hatte also einen ziemlich langen Vorlauf. Es ist wichtig, großzügig zu planen, denn bestimmte Dinge dauern einfach länger. Unser Nachfolgeprozess läuft derzeit noch, denn wir vollziehen eine sukzessive und flexible Übernahme, welche je nach Situation individuell angepasst wird.

Gab es auf dem Weg Ihrer Nachfolgeplanung wichtige Meilensteine?

Nils Pliefke: Ein Meilenstein bestand ganz am Anfang in unserer Einigung, wie wir die Prozesse in unserer Nachfolgeplanung strukturieren: Wer übernimmt welche Verantwortungsbereiche und Aufgaben? Und wer bringt in welchen Bereich neue Ideen ein? Wir waren uns darüber einig, dass beispielsweise der Impuls zur zukünftigen strategischen Ausrichtung des Unternehmens hauptsächlich von mir, also der jungen Generation kommen muss.

Weitere Meilensteine waren die Implementierung der Akustik in das Unternehmen, der Umbau von Ladenlokal und Fassade. Darüber hinaus die Investition in neue Messtechnik, um den Menschen zeigen zu können, dass wir mehr leisten können, als nur Brillen zu verkaufen.

Detlef Pliefke: Mein Ruhestand ist ja bereits absehbar, die Kiste läuft aber nur, wenn sie den strategischen Vorstellungen von Nils entspricht.

Wie sind Sie bei der Weiterentwicklung Ihres Unternehmens praktisch vorgegangen?

Nils Pliefke: Wir haben gemeinsam Messen besucht, um uns über zukünftige Entwicklungen und Trends in unseren Branchen zu informieren. Für die Augenoptik haben wir beispielsweise den Eindruck gewonnen, dass es ein wichtiger Trend darin besteht, dass sich die Branche stärker in die medizinische Richtung entwickeln wird. Daher habe ich unsere bisherigen Unternehmensstrategie durch eine neues Ziel ergänzt: Wir möchten den Menschen in unserem Markt bzw. unseren Kunden einen medizinischen Mehrwert geben.

Mein persönlicher Hintergrund war, dass ich vor der Übernahme des elterlichen Betriebes in einem Unternehmen in Hannover gearbeitet habe. Dort kam es immer wieder vor, dass wir eine Messung durchgeführt haben, mögliche Ursachen des Messergebnisses aber nicht eingrenzen konnten.

Das hat genervt, und so kam es zur meiner Idee, den Dingen mittels adäquater Messtechnik tiefer auf den Grund zu gehen, was ich nun in unserem eigenen Unternehmen umgesetzt habe. Medizinische Vorsorge und Früherkennung sind nach meiner Überzeugung Disziplinen mit großem Zukunftspotenzial, gerade für den mittelständischen Augenoptiker.

Detlef Pliefke: Am Ende unserer Messebesuche und Recherchen hatten wir für uns ein klares Bild, wohin sich die Branche entwickeln wird. Das Verfolgen gemeinsamer Ziele durch beide Generationen ist wichtig, denn dadurch entsteht Einigkeit und die Gewissheit, dass man am selben Strang zieht.

Welche externen Experten haben Sie in die Nachfolgeplanung mit einbezogen?

Detlef Pliefke: Wir haben relativ früh einen Rechtsanwalt und einen Steuerberater in die Planungen mit einbezogen. Die Rechtsformwahl haben wir mit dem Steuerberater entschieden. Mit dem Rechtsanwalt haben wir Erbrechtliches geklärt und wer welche Anteile bekommt und wer wie lange arbeitet. Diese Aspekte haben wir vertraglich geregelt.

Es ist sinnvoll, externe Fachleute wie Anwalt und Steuerberater mit einzubeziehen. So kann man zusammen unterschiedliche Möglichkeiten und Varianten mit deren Vor- und Nachteilen durchdenken und dann gute Entscheidungen für die individuelle Situation treffen. Diese Überlegungen müssen aber auch immer durch das eigene Bauchgefühl ergänzt bzw. bestätigt werden.

eyebizz-Serie Medelnik: Nils und Detlef Pliefke von Brillen Wichmann
Nils Pliefke und Detlef Pliefke, gleichberechtigte Geschäftsführer der Brillen Wichmann zwei P OHG

Aus welchen Gründen haben Sie welche Rechtsform für Ihr Unternehmen gewählt?

Detlef Pliefke: Wir haben uns ganz bewusst für die Rechtsform der OHG mit jeweils hälftiger Beteiligung entschieden. Denn diese Konzeption gewährleistet, dass wir beide als gleichberechtigte Geschäftspartner auf Augenhöhe miteinander sprechen. Das war uns beiden sehr wichtig.

Haben Sie einen schriftlichen, verbindlichen Zeitplan für die Nachfolge entworfen?

Detlef Pliefke: Ja, wir haben einen Drei-Jahres-Plan festgelegt. Dabei waren wir uns darin einig, dass die Grundstruktur der Planung von Nils ausgehen muss. Unter anderem haben wir fest vereinbart, dass jeder von uns beiden innerhalb der kommenden drei Jahre je 40 Wochenstunden arbeiten wird.

Danach kann ich angesichts meiner persönlichen Situation und Motivationslage neu entscheiden, ob ich meine Arbeitszeit weiter reduzieren oder ganz aus dem Unternehmen aussteigen möchte. Für mich war es wichtig, mit dem Anwalt eine flexible Planung zu entwickeln, um je nach zukünftiger Situation entsprechende Entscheidungsmöglichkeiten zu haben.

Was empfehlen Sie rückblickend anderen Unternehmerfamilien, welche vor der Nachfolge stehen?

Detlef Pliefke: Die Inputs zur strategischen Zukunftsentwicklung des Unternehmens kamen von Nils. Daher ist es ganz wichtig, dass man als Vorgänger dem Nachfolger den entsprechenden Handlungs- und Gestaltungsfreiraum lässt. Und in der kreativen Phase der Weiterentwicklung des Unternehmens gilt, dass man nicht glauben sollte, als Vorgänger etwas mit Druck erreichen zu können. In unserem Fall wird die gesamte Zukunftsausrichtung des Unternehmens in den Händen von Nils liegen. Also muss es nach seinem Gusto sein!

Wie empfinden Sie es, wenn Ihr Sohn neue Impulse und Veränderungen im Unternehmen initiiert? Sind Sie immer froh und dankbar darüber oder empfinden Sie es auch als Kritik an der bisherigen Art und Weise Ihrer Unternehmensführung?

Detlef Pliefke: Wenn die Fragen von Nils kommen nach der Begründung, warum in der Vergangenheit etwas immer so und so gemacht wurde, dann ist das schon etwas Besonderes im ersten Augenblick. Denn als Vorgänger wird man schon auch gerne einmal betriebsblind, muss solche Impulse dann oft erst mal sacken lassen. Danach empfiehlt sich eine sachliche Herangehensweise im Sinne einer realistischen Abwägung und Reflexion von Vor- und Nachteilen zwischen der alten und vom Junior empfohlenen, neuen Verfahrensweise.

Apropos sachliche Herangehensweise: Gab es während des Nachfolgeprozesses auch einmal Meinungsverschiedenheiten und Konflikte zwischen Ihnen?

Detlef Pliefke: Es ist oft wichtig, sich als Senior zurücknehmen, was manchmal gar nicht so einfach ist! Am Ende müssen die getroffenen Entscheidungen für beide passen. Ich habe großen Respekt vor meinem Nachfolger! Dies drückt sich auch in unserer hälftigen Beteiligung am Unternehmen aus: Wir haben bewusst keine Junior-Partner-Konstellation mit 30 Prozent gewählt, sondern von Anfang an ausgewogene Machtverhältnisse auf Augenhöhe. Umgekehrt erwarte ich auch von Nils Respekt und Flexibilität.

Auch wenn einmal Emotionen hochkommen, sollte man die Themen immer realistisch und rational behandeln. Eine sachlich-realistische Auseinandersetzung ist empfehlenswert. Durch überzeugende Argumentation bin ich immer bereit, Neues anzunehmen. Belohnt wird das durch unseren Erfolg, denn unsere neue Strategie wird so gut angenommen, dass wir für den Zeitraum von 14 Tagen mit Terminen ausgebucht sind. Umgekehrt ist auch Nils bereit, etwas von mir anzunehmen.

Daher lautet meine persönliche Conclusio: Jeder muss etwas flexibel sein, etwas vor- und zurücktreten. Der Nachfolgeprozess in der Familie ist ein Geben und Nehmen, dann klappt es!

Herzlichen Dank für das Interview!

 

Dr. Norbert Medelnik

ist als Diplomkaufmann und Augenoptikermeister seit über fünfzehn Jahren als Unternehmensberater in den Gesundheitsbranchen des Einzelhandels tätig. Er ist Inhaber einer Beratungsgesellschaft und leitet Erfahrungsaustausch-Gruppen. Einer seiner Beratungsschwerpunkte ist die Nachfolgeberatung inklusive Erstellung des Unternehmenswertes. In dieser sechsteiligen eyebizz-Serie schreibt er über zentrale Aspekte der Nachfolgeplanung.

 

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