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Ein denkender Mensch ist niemals allein

RIOA: Erste deutsch-chinesische Schule für Augenoptik

Internationale Bildungskooperationen sind in der Augenoptik eher gen Westen orientiert – umso bemerkenswerter ist das Projekt der Ratingen International Academy for Ophthalmic Optics and Optometry (RIOA) im chinesischen Xi’an. Hier wird nicht nur fachliches Know-how vermittelt, sondern in Anlehnung an das alte chinesische Sprichwort in der Überschrift ein interkultureller Brückenschlag gelebt. Das Bildungsmodell fußt auf den Grundsätzen deutscher Meisterausbildung, angepasst an die spezifischen Herausforderungen des chinesischen Marktes.

RIOA Schule Augenoptik Passmann
Fritz Paßmann (untere Reihe, Zweiter von links) inmitten seiner chinesischen Schülerinnen und Schüler. Links neben ihm Schulleiterin Jian Wang. (Bild: Fritz Paßmann)

Im Jahr 2023 öffnete die RIOA in Xi’an ihre Türen – das Ergebnis eines mehr als zehnjährigen Planungsprozesses für die Schule in der zwölf Millionen Einwohner zählenden Stadt im fernen Osten. Die Gründer, Jörg Spangemacher (ehemals MAFO), Jian Wang (FOCUS China) und Fritz Paßmann, wollten einen Ort schaffen, an dem deutsche Ausbildungsmethodik mit chinesischem Innovationsdrang verschmilzt.

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Bereits seit den frühen 2010er-Jahren war Paßmann regelmäßig in China unterwegs, um Seminare zu halten. Seine Vorträge über die PASKAL-3D-Refraktion und das duale Ausbildungssystem in Deutschland, das weltweit einmalig ist, stießen auf großes Interesse. Schnell zeigte sich: Das Bedürfnis nach fundierter, praxisnaher Qualifikation ist groß – nicht zuletzt, weil die augenoptische Versorgung in China vielerorts noch hinter dem europäischen Standard zurückliegt.

Fundamente der Meisterausbildung

Das Curriculum der RIOA orientiert sich am deutschen Meisterausbildungsrahmen und umfasst 800 Stunden, aufgeteilt in zehn zweiwöchige Blockeinheiten von je 80 Stunden. Die Teilnehmenden – eine heterogene Gruppe aus Ophthalmologen, angelernten Augenoptikern und ausgebildeten Optometristen – reisen aus dem ganzen Land an, immer mit einem großen persönlichen Engagement im Gepäck. Nicht selten schließen die Selbstständigen dafür ihr Geschäft für die zwei Wochen.

Die Lehrveranstaltungen werden ausschließlich von deutschen Dozenten gehalten, satzweise simultan übersetzt durch Schulleiterin Jian Wang. Unterstützt wird das Team von einem Pool qualifizierter Lehrkräfte und Kollegen aus Deutschland, darunter auch Jian Wangs Sohn, Simon Song. Simon Song hat in Deutschland seine Lehre absolviert, danach die Meisterausbildung an der ZVA-Akademie in Knechtsteden absolviert, um im Sommer dieses Jahres sein Bachelorstudium in Jena aufzunehmen.

Marktbedarf und interkultureller Austausch

Die augenoptische Ausbildung in China ist bislang nicht einheitlich geregelt. Während einige Teilnehmende an der RIOA fundierte Kenntnisse mitbringen, fehlt anderen jeglicher Bezug zur optometrischen Praxis. Auch auf dem chinesischen Brillenmarkt besteht Nachholbedarf: Korrekturen im Binokularsehen, Zylinderkorrektur und die Versorgung mit Gleitsichtgläsern sind oft noch unbekannt oder technisch unterentwickelt. Gerade hier setzt die Ausbildung an der RIOA an.

Ziel dieser modernen handlungsorientierten Ausbildung ist es, die Kompetenz der Teilnehmer zu steigern – mit einem klaren Fokus auf praktische Anwendungen, individuelle Kundenberatung und Mehrbrillenverkauf und nicht zuletzt das Erkennen und Herstellen von Zusammenhängen.

RIOA Schule Augenoptik Mopeds Passmann
Roller und Mopeds sind vor der Schule geparkt. Die Absolventen kommen von weit her und schließen fürs Lernen mitunter ihr Geschäft für zwei Wochen. (Bild: Fritz Paßmann)

Der aktuelle Kurs verfolgt das Ziel, einen Kenntnisstand zwischen dem deutschen Augenoptikermeister und Gesellen zu vermitteln. In einigen Wochen wird außerdem eine zweite Maßnahme starten: Ein Kurs für Einsteiger in der Augenoptik. Auch hier ist die Nachfrage sehr groß.

Das Miteinander ist ein zentrales Element der Schule. Die RIOA lebt eine klare pädagogische Philosophie, die sich in einem Regelkanon widerspiegelt. Dieser prägt das tägliche Lernen und fördert nicht nur fachliche, sondern auch soziale Kompetenzen:

Regeln des Zusammenlebens an der RIOA:

  • Ich bin aufmerksam. Ich nehme aktiv am Unterricht teil, stelle Fragen und bringe eigene Ideen ein.
  • Ich bin fleißig. Ich erledige meine Hausaufgaben, übe regelmäßig und wiederhole die Inhalte.
  • Ich bin kollegial. Wir bilden Lerngruppen, helfen einander und schätzen alle gleichermaßen.
  • Ich bin sorgfältig. Ich gehe sorgsam mit Geräten um und hinterlasse Arbeitsplatz und Pausenraum sauber.
  • Ich bin pünktlich. Ich halte mich an Unterrichts- und Pausenzeiten.
  • Ich habe Freude. Ich genieße das Lernen und bleibe neugierig.
  • Ich bin ehrlich. Wir gehen offen miteinander um und sprechen Probleme direkt an.
  • Ich möchte ein guter Augenoptiker werden, um Menschen zu besserem Sehen zu verhelfen.

Bildung als Schlüssel für Veränderung

Das Projekt der RIOA zeigt eindrucksvoll, dass grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Augenoptik nicht nur möglich, sondern fruchtbar ist. Die Schule ist ein Ort des Lernens, der Inspiration und des gegenseitigen Respekts. Ein Ort, an dem der Satz „Ein denkender Mensch ist niemals allein“ nicht nur Leitspruch, sondern gelebte Realität ist. Und für Paßmann gibt es ohnehin kaum eine bessere Aufgabe, wenn er sagt: „Für mich ist Wissensvermittlung meine Lebensaufgabe, ich habe ein Mitteilungsbedürfnis – in Deutschland genauso wie in China.“

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Fritz Paßmann ist der pädagogische Leiter und Mitbegründer der deutsch-chinesischen Schule. Der Augenoptikermeister war viele Jahre Fachbereichsleiter der Handwerkskammer Dortmund und hat auch sonst sein Leben der Aus- und Weiterbildung von Augenoptikern verschrieben. Zudem ist er Mitentwickler der PASKAL-3D-Erlebnisrefraktion.

 

Artikel aus der eyebizz 4.2025 (Juli/August)

 

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