Anzeige
Anzeige
GreenEye-Markenportrait

Cyklo von Vinylize: Upcycling mit einem Zweck

Dass alte Fahrrad-Schläuche für Taschen recycelt werden, kennt man. Die ungarische Firma Tipton, besser bekannt unter der Brillenmarke Vinylize, schenkt nun sogar alten Bremsseilen ein neues Leben als Brillenbügel.

Vinylize Eyewear Kollektion Cyklo Fahrrad-Bremsseile 2025
Bei der Kollektion Cyklo verwendet Vinylize Fahrrad-Bremsseile als Brillenbügel (Bild: Vinylize)

„Jedes Jahr wird eine unglaubliche Menge an Bremsseilen entsorgt, die nur schwierig zu recyceln sind. Was wir machen, ist nur ein kleiner Beitrag, aber es ist ein Anfang. Hoffentlich werden die Menschen dadurch inspiriert, weitere Verwendungs-Möglichkeiten für dieses erstaunliche Material zu finden“, so Firmengründer Zachary „Zack“ Tipton, der bereits vor 20 Jahren mit der Verwertung alter Vinyl-Schallplatten – daher der Name Vinylize – ein nachhaltiges Ausrufezeichen setzte.

Anzeige

Cyklo-Brillen werden aus wiederverwerteten Fahrradteilen hergestellt – insbesondere aus Bremszügen für die Bügel und Fahrradreifen für die Etuis. Nachdem diese Komponenten ihre Zeit auf der Straße hinter sich haben, finden sie ein neues Leben als voll funktionsfähige, minimalistische Brillenfassungen. Da bekommt die scherzhaft gemeinte Bezeichnung „Nasenfahrrad“ eine ganz neue Bedeutung!

Bis zur Marktreife gab es einiges zu tun. „Wir haben ein spezielles Scharniersystem entwickelt, das die Brille nicht nur verstellbar und bequem macht, sondern auch die Wurzeln des Industriedesigns von Fahrradzubehör würdigt. Es handelt sich um Upcycling mit einem Zweck – Funktion wird zu Mode, ohne die Nachhaltigkeit zu beeinträchtigen. Cyklo ist für ein Publikum, das sich für Fahrradkultur, nachhaltiges Design und innovative Handwerkskunst begeistert.“

Cyklo 3 temples Vinylize
Cyklo-Kollektion: Drei Bügel-Varianten (Bild: Vinylize)

Dafür entwickelte das Team um Tüftler Tipton ein Scharnier, bei dem der Öffnungswinkel vollständig einstellbar ist und die Gesamtlänge um 20 Millimeter verkürzt werden kann, was das Unternehmen aus Budapest kürzlich bei der SILMO in Paris präsentierte.

Das Design der sechs Fassungsmodelle sei mit Blick auf Komfort und Langlebigkeit entwickelt und von der Bowden-Zugbremse inspiriert; einer Radsport-Innovation, die Ernest Monnington Bowden 1896 einführte. Die ursprüngliche Bowdenzug-Bremse hatte zwar Probleme hinsichtlich Passform und Verteilung, aber ihr Kernkonzept eines flexiblen Kabels zur Übertragung der Bremskraft revolutionierte das Fahrraddesign.

Teil der Firmen-Philosophie

Diese reaktionsschnelle, funktionale Bewegung adaptierte man nun für die Cyklo-Reihe. Die upgecycelten Bügel aus Stahlkernkabeln, in lokalen Fahrradgeschäften gesammelt, werden mit Fronten aus Cellulose-Acetat kombiniert. Die verfügbaren Farben variieren je nach den wiederverwerteten Materialien, aber dieser durchdachte Produktions-Prozess in kleinen Stückzahlen ist Teil der bis heute gültigen Firmen-Philosophie.

Vinylize-Front und Cyklo-Bügel
Vinylize-Front und Cyklo-Bügel (Bild: Vinylize)

Mit Musik fing alles an. „Ich habe 1998 mit der Herstellung von randlosen Brillen begonnen und ein paar Jahre später beschlossen, Kunststoffbrillen herzustellen. Ich habe alle möglichen Kunststoffe getestet, darunter auch Vinyl-Schallplatten aus der Sammlung meines Vaters“, gesteht Zack. Nach Arbeiten und Experimenten am optimalen technischen Prozess kamen 2004 die ersten Vinylize-Modelle auf den Markt. Der erste Brillenrahmen wurde von Hand aus einem 12-Zoll-Album von – Fans mögen es verzeihen – Creedence Clearwater Revival geschnitzt und mit Scharnieren einer Zigarrenkiste zusammengehalten.

Seitdem arbeitete das Label mit Maui Jim zusammen und entwarf Brillen für eine Reihe Prominenter der ­Musikindustrie: AC/DC, Sir Elton John, Robbie Williams, Elvis Costello oder Fred Durst.

Heute werden jährlich über drei Tonnen Vinylplatten recycelt und zu Brillen und Accessoires verarbeitet. Jedes Produkt wird in Budapest handgefertigt, das Team besteht aus 14 Mitarbeitenden, die Hauptmärkte sind die EU und Nordamerika. Das Design wurde bereits für den SILMO d‘Or nominiert, gewann einen Red Dot und einen A Design Award.

Das neue Cyklo-Konzept setzt Tiptons Engagement für die Herstellung von Brillen aus recycelten Materia­lien fort. Gedacht sei es für Menschen, die sich für Wiederverwertung interessieren und die andere dazu inspirieren möchten, bereits vorhandene Dinge wiederzuverwenden.

/// PE

 


Zack Tipton im Interview

„Ich liebe es, Dinge herzustellen, für die sich Menschen begeistern.“

eyebizz: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Bremsseile für Brillenfassungen zu verwenden?

Zack Tipton: Ich teste viele Materialien. Die meisten davon funktionieren nicht, wie beispielsweise Auto­reifen – sie bestehen den CE-Test nicht. Das Material Bremsseil ist aus mehreren Gründen erstaunlich: Es wird in einem der umweltfreundlichsten Verkehrsmittel verwendet, ist hypoallergen und leicht zugänglich.

Vinylize: Zack Tipton
Zack Tipton wuchs sowohl in den USA als auch in Europa auf, ­darunter in Frankreich und Ungarn zu Sozialismus-Zeiten. Seit 2001 lebt er in Budapest. Denn dort fand er eine Fabrik, die ihn bei der ­Entwicklung von Vinylize half und die er später kaufte. Dort wird auch die neue Kollektion gefertigt (Bild: Vinylize)

Warum sind Bremszüge schwierig zu recyceln?

Das Problem bei Fahrradbremszügen ist, dass sie aus einer Mischung aus Kunststoff und Metall bestehen. Um das Metall ist ein Kunststoffrohr gewickelt, das wiederum von einem äußeren Kunststoffrohr geschützt wird: Im Grunde eine komplexe Sandwich-Konstruktion, bei der es schwierig ist, die Materialien voneinander zu trennen. Für Brillengestelle hingegen sind sie perfekt, da wir sie nur auf die richtige Länge zuschneiden müssen!

Gibt es verschiedene Arten von Bremszügen?

Ja, es gibt verschiedene Arten.  Viele neue Fahrräder verwenden Hydraulikschläuche. Diese sind perfekt, bis auf einen Punkt: Sie sind leichter, enthalten kein Metall. Ich mag das Gewicht der konventionellen Bremszüge, weil es den Rahmen ausgewogener macht.

Wie viel Material wird benötigt und wie viele Brillen­bügel können Sie aus einem Bremszug herstellen?

Für jeden Rahmen werden etwa 220 Millimeter benötigt. Je mehr Rahmen wir verkaufen, desto mehr Kabel können wir recyceln! Bremszüge gibt es in verschiedenen Längen und oft sind sie an einigen Stellen beschädigt. Diese Teile schneiden wir heraus.

Wie komplex ist die Verarbeitung?

Es ist überraschend einfach: erst sortieren – verschiedene Farben, Alter … – dann beschädigte Teile herausschneiden, ­gute Teile auf Länge schneiden, reinigen, mit Laser­markierung versehen – Stil, Größe, Marke – und schließlich zusammenbauen.

Sie möchten andere dazu inspirieren, dieses Material ebenfalls zu verwenden. Wofür zum Beispiel?

Bisher ist uns als beste Verwendung eine Brillenhalterung eingefallen. Aber ich werde weiter daran arbeiten, hoffentlich können wir bald ein Etui auf den Markt bringen.

Sie verzieren die Cyklo-Brillenetuis mit gebrauchten Fahrradreifen. Wie machen Sie das?

Wir verwenden die Reifen, um die Vorderseite zu verzieren. Dazu schneiden wir eine spezielle Form aus und nieten sie auf das Etui. Interessanterweise kann man damit auch andere Dinge befestigen, zum Beispiel Bankkarten.

Sie haben die Kollektion bei der SILMO vorgestellt. Wie war die Resonanz?

Es ist schwierig, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, aber es war erfolgreich genug, dass wir eine weitere Kollektion entworfen haben, die wir auf der ­opti im Januar vorstellen.

Wenn Sie nicht gerade Materialien für Brillen upcyceln, wofür begeistern Sie sich sonst noch?

Ich liebe es, Dinge herzustellen, für die sich Menschen begeistern, und verbringe viel Zeit damit, Ideen zu entwerfen und Prototypen zu entwickeln, die Menschen inspirieren. Ich habe eine Maschine gebaut, die malt – sie wird auf der opti zu sehen sein! Aktuell stelle ich Lautsprecher her aus Vinyl. Ich bin überrascht, dass niemand zuvor Bowdenzüge von Fahrrad-Bremsen für die Bügel verwendet hat, denn es ist einfach großartig! Wie Sie sich denken können, bin ich ein begeisterter Musik- und Sportfan, und das spiegelt sich auch in meinen Produkten wider!


/// Die Fragen stellte Patricia Perlitschke.

 

www.vinylize.com

 

Artikel aus der eyebizz 6.2025 (November/Dezember)

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert