Der Gewinn des eyebuzz Award von SILMO und eyebizz ist zwar hauptsächlich, aber nicht ausschließlich nur Freude und Ehre, es wird auch ein Schuss Spontanität verlangt: Schließlich ist der Preis mit einer recht kurzfristig auf die Beine zu stellenden Reise nach Paris verbunden, wo auf den Sieger ein kostenloser Messestand im Start-up-Bereich und ein international aufgestelltes Publikum warten. Cécile Hoggenmüller war dieser Stress in Paris bei der Messe Ende September nicht anzumerken, und im Interview mit eyebizz liest man ihn auch nur zwischen den Zeilen heraus. eyebizz wird Hoggenmüllers Start-up CÉHO studio fortan begleiten und natürlich auch die AVA-Brillen im Blick behalten, für die die junge Designerin aus Hamburg den eyebuzz Award erhalten hat.
Designerin Cécile Hoggenmüller eingerahmt von Eva Passmann (Leiterin Marketing & Kommunikation Promosalons) und eyebizz-Chefredakteur Ingo Rütten bei der Verleihung des eyebuzz Award. (Bild: CÉHO studio)
So stand sie also plötzlich mir ihren 3D-gedruckten Fassungen in Paris im Rampenlicht, direkt neben Manti Manti, die den eyebuzz Award 2024 gewonnen hatten und sich dieses Jahr prompt den SILMO d’Or mit nach Hause nehmen durften. Philippa König, eine der Gründerinnen von Manti Manti, war auch bei der eyebuzz-Award-Verleihung am Messesamstag mit vor Ort und fand nette Worte für Hoggenmüller, die im Gegensatz zu ihrem eigenen Label so frisch ja gar nicht mehr in der Brillen- und Designwelt unterwegs ist. /// IR
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eyebizz: Cécile, was hatten Sie sich für die SILMO vorgenommen, was konnten Sie sich noch vornehmen in der kurzen Vorbereitungszeit, und wie ist es schließlich gelaufen?
Cécile Hoggenmüller: Auf dem Messestand wollte ich die Geschichte der AVA-Brillen sichtbar machen: Design sollte nicht nur gezeigt, sondern erlebt werden. Die Brillen wurden auf einer drehbaren Fläche in Bewegung gebracht, die an einen Plattenspieler erinnert und den Farbwechsel sichtbar macht. Fotografien auf den Plattenhüllen und Platten als Spiegel haben das Thema zusätzlich inhaltlich und farblich verbunden.
So wurde spürbar, dass Gestaltung mehr sein kann als Funktion – ein Spiel mit Wahrnehmung, Form und Gefühl, umgesetzt mit Liebe zum Detail. Auf einer Plattenhülle ist meine 90-jährige Freundin zu sehen, von der ich gelernt habe, die Welt mit Neugier, Leichtigkeit und allen Sinnen zu betrachten. Ihr Bild trägt den Schriftzug „you move, colors change“ – ein Satz, der sinnbildlich für die Idee hinter AVA steht.
Wie sind die Brillenfassungen bei den Besucherinnen und Besuchern angekommen?
Ich hoffe doch, sehr gut. Ganz ehrlich, in dem Trubel zu Beginn ist auch rückblickend das eine oder andere untergegangen. Aber das Feedback war durchweg sehr positiv. Generell ist es schön zu sehen, dass meine Brillen von Augenoptikerinnen und Augenoptikern aufgegriffen werden – genauso wie von meinen allerersten Kunden, die bis heute AVAs Farbwelten in ihrem Schaufenster in Nürnberg zeigen.
Mit dem eyebuzz Award ist ein kleiner Messestand bei der SILMO als Preis verbunden. Gut, dass CÉHO Studio um Gründerin Cécile Hoggenmüller auf tatkräftige Hilfe zurückgreifen konnte. Familie, Freunde und Geschäftspartner machten den Auftritt zum Erfolg: Timo Gyimesi (rechts) war vor Ort in Paris. (Bild: CÉHO studio)
Besonders gefreut habe ich mich auch, als ein Optiker mit AVA auf der Nase an unserem Stand auf der Silmo auftauchte. Solche Momente zeigen mir, dass Menschen meine Arbeit wertschätzen – und das motiviert mich sehr.
Der eyebuzz Award ist damit verbunden, dass eyebizz den Sieger vorstellt und ein Stück weit begleitet. Wir stehen gerade am Anfang dieser Erfolgsstory, bei Ihrer Vorstellung.
Ich bin in Freiburg aufgewachsen und habe an der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim Accessoire Design studiert. Nach meinem Abschluss habe ich ich erste Erfahrungen in Brillen-Designstudios in Paris und Hamburg gesammelt, wo ich für verschiedene Marken und namhafte Modehäuser – teils im Rahmen von Lizenzkollektionen – gearbeitet habe. Besonders prägend war dabei das Eintauchen in unterschiedliche Kulturen – sei es die einer Stadt, eines Landes oder einer Marke. Jede hat ihre eigene Sprache, ihren eigenen Rhythmus und ihre eigene Vorstellung davon, wie Design gedacht und gelebt wird.
Dann war die Entscheidung für die Zukunft und die Karriereplanung nicht so schwierig?
Nein. Ich habe mich vor drei Jahren selbstständig gemacht und arbeite seitdem projektbasiert für Marken in Deutschland, Frankreich, Spanien, den Niederlanden, der Schweiz, Dänemark und Hongkong. Was mich dabei besonders fasziniert, ist die Vielfalt: Wie unterschiedlich Märkte funktionieren, Zielgruppen reagieren, Design wahrgenommen wird – und wie verschieden die Menschen sind, mit denen ich zusammenarbeite. Dieses Wechselspiel inspiriert mich und prägt, wie ich Formen balanciere, Farben kombiniere und Materialien auswähle, um Kollektionen zu entwickeln, die stimmig und eigenständig wirken.
Ist diese Inspiration die Quelle für gutes Design?
Hinter jeder Kollektion steckt ein Prozess: Ideen werden ausprobiert, verworfen und weiterentwickelt. Design ist für mich mehr als das Entwerfen eines Objekts – es erzählt eine Geschichte, spiegelt Haltung und Werte wider und schafft eine Verbindung zwischen Mensch und Gegenstand. Am Anfang steht deshalb immer das Zuhören: das Aufsaugen von Informationen, Bildern, Stimmungen und Werten. Erst wenn ich dieses Fundament verstanden habe, kann ich die kreative Freiheit nutzen, um Neues zu schaffen, das zugleich authentisch und stimmig ist. Am Ende sind es Details, die den Unterschied machen, und Gegensätze, die Spannung erzeugen – in Form, Farbe oder Material. Ich mag es, wenn dabei kleine Überraschungsmomente entstehen, die sich vom Gewohnten abheben, ohne erzwungen zu wirken.
Womit Sie sicher auch auf Ihre eigene Marke abzielen? Wie kam es dazu?
Eine eigene Marke war zunächst gar nicht geplant. Mit der Selbstständigkeit kam die Freiheit, meine Zeit selbst einzuteilen und damit Platz für eigene kreative Projekte. Inspiration finde ich nicht nur in kulturellen Einflüssen, sondern auch in neuen Herstellungstechniken. Besonders der mehrfarbige 3D-Druck eröffnete mir völlig neue gestalterische Möglichkeiten und führte zum Farbwechselkonzept, das die Grundlage meiner ersten selbst produzierten Sonnenbrille AVA bildet.
Als Freelance-Designerin ist sie seit drei Jahren selbstständig. Mit den 3D-gedruckten AVA-Brillen schlägt die Gründerin von CÉHO studio nun auch ihren eigenen Weg ein. (Bild: CÉHO studio)
Ich wollte einen künstlerisch-gestalterischen Ansatz verfolgen, der 3D-Druck spannend macht, eine interessante Haptik bietet und durch den subtilen Farbwechsel etwas Einzigartiges zeigt. Anfangs stand das Design im Vordergrund, weniger die kommerzielle Umsetzung. Mit der Zeit wurde mir jedoch klar: Wenn ich das Projekt selbst umsetze, kann ich die volle kreative Freiheit genießen. Praktischerweise ermöglicht 3D-Druck die Herstellung von kleinen Serien, die regional und flexibel produziert werden können.
Nun also CÉHO studio, es ist heute nicht mehr ganz so einfach, ein Design-Unternehmen an den Start zu bringen.
Durch die Idee ist erst einmal CÉHO studio als ein Ort entstanden, an dem kreative Freiheit, Handwerk, Technologie und Haltung zusammenkommen. Gleichzeitig arbeite ich unter demselben Namen projektbasiert für andere Marken und kann meine Expertise in unterschiedlichen Kontexten einbringen.
Bekommen Sie das alles unter einen Hut?
Ich sollte vorab betonen, dass ich AVA nicht allein umgesetzt habe: Immer wieder gibt es tolle, engagierte Menschen, die meine Ideen sehen und Lust haben, mit ihrer Expertise zu unterstützen – sei es beim 3D-Know-how, der Montage der Brillen oder der Logistik. Zusätzlich unterstützen mich wie jetzt bei der SILMO Freunde, Familie und meine Geschäfts-Partnerinnen und -Partner sehr. Etwa bei der Standbetreuung auf der Messe, beim Einschleifen der Gläser oder beim Transport meiner Ausstattung nach Paris. Klar, da war auch viel Improvisation nötig, aber nur mit dieser Hilfe war es mir möglich, AVA überhaupt zu realisieren – und dafür bin ich unheimlich dankbar. Diese Zusammenarbeit spiegelt sich in jedem Detail der Brillen wider.
Erklären Sie uns gerne noch einmal die Grundidee von AVA.
AVA vereint technologische Präzision mit sinnlicher Gestaltung, die Fassungen werden in Europa gefertigt, die Hüllen sind von Hand in Hamburg genäht. Jede Entscheidung – von Material über Form bis Farbwirkung – ist Teil einer Idee, die auf Langlebigkeit, Qualität, Leichtigkeit und Neugier setzt und ein Produkt entstehen lässt, das berührt, überrascht und gleichzeitig selbstverständlich wirkt.
Bild: CÉHO studio
Jede Farbkombination trägt dabei einen eigenen Namen, oft leicht ironisch, wie Pink Jungle, Orange Bay, Red Yves (Anspielung auf Yves Klein Blau) oder Black Moon. Die vielen kleinen Details und die angepassten Farbwelten im Packaging Design für jede Farbvariante von AVA machen sie zur Founders Edition – ein besonders exklusives Modell.
Bleibt die Frage zur Zukunft, wie geht es weiter mit AVA, CÉHO studio und Ihnen selbst? Welche Pläne haben Sie?
Als Freelance-Designerin liebe ich Projekte, die mir kreative Freiheit geben – sei es die „Æterra“ für Einstoffen, die im Januar auf der opti gelauncht wird, oder andere Kollektionen, die ebenso spannend und wertvoll sind. Langfristig möchte ich CÉHO studio weiterentwickeln, neue Modelle mit dem Farbwechselkonzept realisieren, neue Materialien testen – wie etwa transparenten 3D-Druck –, und ich möchte Kooperationen eingehen, die meine Leidenschaft für Design, Qualität und Haltung teilen.
/// Die Fragen stellte Ingo Rütten.
Artikel aus der eyebizz 6.2025 (November/Dezember)