SILMO gibt allen Augenoptik-Messen weiteren Aufwind
von Ingo Rütten und Thorsten Boss,
Die offizielle Presseinformation der SILMO Paris spiegelt ein bisschen das wider, was der Besucher in jedem Jahr auf dem Messegelände in Paris Nord Villepint fühlt und geboten bekommt. Immer ein bisschen verspielt, immer mit dem typisch französischen Charme und einem Hauch von Luxus daherkommend, auf jeden Fall möglichst glamourös und edel und sowieso alternativlos scheint die SILMO zu sein. Das liest sich dann so: „Jedes Jahr etabliert sich die SILMO Paris als pulsierende Bühne für die Zukunft der Optik. Hier werden neue Kollektionen vorgestellt, Ideen nehmen Gestalt an, Innovationen werden zum Leben erweckt und Fachleute aus aller Welt kommen zusammen, um die Zukunft zu gestalten. Der Ort, an dem man sein muss, um zu sehen und zu sehen, was kommt!“ Wow!
The Trends Forum (Bild: SILMO Paris, Fotocredit: Emmanuel Nguyen Ngoc)
Es liegt natürlich in der Natur der Sache, dass opti und MIDO ebenfalls nicht mit Superlativen geizen, aber es stimmt auch, die SILMO 2025 war einfach ein Erlebnis! Samstag und erst recht Sonntag waren die breiten Gänge so voll, dass die allermeisten Besuchenden mit dem Blick aufs Handy nach sehr kurzer Zeit Bekanntschaft mit einem kopfschüttelnden Angerempelten machten. Die Aussteller freuten sich über das rege Interesse, das freitags und montags nicht minder festzustellen war, wenngleich nicht ganz so viele Menschen sich durch die beiden Hallen drängten und es insgesamt – so ganz französisch – etwas gemütlicher zuging.
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6,5 Prozent Zuwachs verzeichnete der Veranstalter am Ende des viertägigen Events, 33.358 Fachbesucher, von denen 48 Prozent aus dem Inland kamen. Die auffallend vielen Kinder im Schlepptau oder im Kinderwagen sind da vermutlich nicht mitgezählt worden. Genauer notiert sollte das SILMO-Team die Zahl der ausstellenden Unternehmen haben, wobei es in der Tat verwundert, dass diese mit „mehr als 900“ genannt wird – man sollte doch annehmen, dass dies exakt zu ermitteln ist.
Egal, an den Foodtrucks waren die Menschenschlangen gewohnt lang, das Essen dort wie immer erstaunlich lecker und auch das Wetter spielte mal wieder so gut mit, dass sich einige der befragten deutschen Gäste samstags bereits für den Folgetag zu entschuldigen versuchten, weil man ja schließlich auch noch etwas von Paris sehen mochte. Gut so, denn es wäre zumindest für diesen Tag auch zu voll geworden!
Alle relevanten Themen der internationalen Augenoptik
Inhaltlich nahm die Messe alle relevanten Themen der internationalen Augenoptik auf. Das Konferenzprogramm bot Forscher, Experten und Fachleute auf, die ihr Wissen immer mit dem Ziel teilten, die Kompetenzen der Zuschauenden zu erweitern, Praktiken zu hinterfragen und neue Horizonte zu eröffnen. SILMO Next als Zukunfts- und Technik-Hub kam natürlich nicht ohne das Thema Künstliche Intelligenz aus: „Ob generativ, kontextbezogen oder beschreibend – KI verändert bereits heute die Optikbranche: vernetzte Brillen, automatisierte Untersuchungen, virtuelle Realität, intelligentes Ladenmanagement und so weiter“, lautete das Fazit der Gastgeber dazu.
Abseits der „offiziellen Pfade“ waren an den allesamt eingeschossigen Messeständen etliche Neuigkeiten und noch mehr Brillenmode zu entdecken. J.F.Rey feierte sein 40-jähriges Jubiläum und stellte dazu zum einen grundsätzlich seine zeitlosen Klassiker in den Vordergrund und zum anderen speziell die „Iconic 40 Scorpion“-Kollektion. 400 Fassungen zu je vier in einer Box als limitierte Auflage – nur ein Highlight von vielen (mehr zu J.F. Rey im EYELINER der eyebizz-Ausgabe 6.2025). Bei Götti kam man kaum an die Kollektionen heran, aber das Treiben und die ausgestellten Fassungen am Stand machten Lust, sich den neu eröffneten Showroom „Home of Götti“ in Luzern einmal anzusehen oder auch den neuen Brand-Store, der dieser Tage in Aachen eröffnet, zu besuchen. Mehr dazu in Kürze in eyebizz.
Smarte Brillen nicht aufzuhalten
Ein Besuch am Stand von L’Atitude 520N machte deutlich, dass sich smarte Brillen nicht aufhalten lassen. Die Fassungen des Start-ups, dessen Design- und Marketingteams in Berlin sitzen, sind wie für den unabhängigen Augenoptiker gemacht – weil auch leicht verglasbar. Die Fassung gibt per Audio sämtliche Informationen preis zu dem, was der Brillenträger anblickt – hier lohnt ebenfalls in naher Zukunft ein zweiter Blick.
Gute Laune am Stand von L’Atitude 52 N, wo der erst kürzlich bei der IFA erworbene Innovations-Preis jederzeit greifbar war. (Bild: L‘Atitude 52 N)
Auch Rudy Project begeisterte erneut mit tollen Ideen. Die RP Optics Maximus ist nur ein Beispiel, eine Monoblock-Linse mit innen eingearbeiteter Sehstärke, sodass die Außenfläche durchgehend ist. Dank der verspiegelten Oberfläche der Front verschwindet zudem die Dicke von Korrektionsgläsern. Eine Lösung, die laut Hersteller unter anderem „maximale Schärfe ohne Verzerrungen, höhere Robustheit und maximale Funktionalität ohne ästhetische Kompromisse“ verspricht.
Unter dem Motto „Ein gutes Auge für den Planeten“ gab es auf der SILMO einen neuen Bereich, der sich speziell nachhaltigen Projekten widmete. Ein angedockter Award erinnert an die Versuche der opti, das Thema Nachhaltigkeit für den Messebesucher attraktiv zu machen. Der Award – den SILMO d’Or für Nachhaltigkeit – blieb in Frankreich bei Friendly Frenchy. Das Thema CSR und Nachhaltigkeit wird bald auch in Italien gespielt, Lorraine Berton wird in Mailand als Präsidentin von ANFAO und der MIDO ebenfalls einen Award vergeben – die opti in München glaubt derzeit eher nicht mehr an dieses Thema (siehe Meinung in der eyebizz-Ausgabe 6.2025).
Die Sapiens-Kollektion war zuletzt noch Thema in der eyebizz (Ausgabe 4.2025), jetzt bei der SILMO erhielt sie mit dem Spezialpreis des SILMO d’Or zusätzliche Aufmehrsamkeit. Im Bild rechts SILMO-Präsidentin Amélie Morel, links Sapiens-Designer Xavier Garcia. (Bild: SILMO)
Die selbstbewusste Chefin der Mido lächelte zwar manche eyebizz-Frage im kurzen Interview am Rande der SILMO weg, weckte aber Neugier auf die kommende Messe in Mailand, die im Schatten der Olympischen Winterspiele an gleicher Stelle zwar keine günstigen Hotels verspricht, dafür aber jede Menge Neuigkeiten und Attraktionen. Wer das hört, die opti zu Beginn dieses Jahres noch gepaart mit der Hoffnung auf kommenden Januar in Erinnerung hat und nun das Treiben in Paris beobachten konnte, der wundert sich im Nachhinein doppelt, dass vor nicht allzu langer Zeit Messen von etlichen sogenannter Experten geradezu für mausetot erklärt wurden.
„Ich liebe Paris. Es sind harte Zeiten für die Welt, aber jeder muss nach vorne gehen“, antworte Berton auf die Frage, wie ihr die SILMO gefalle. Sie hoffe, dass es allen Messen gut gehe, denn wenn es bei einer nicht liefe, hätten alle Probleme. Dass davon in Paris nichts zu sehen war und Besuchende wie Aussteller augenscheinlich zufrieden auf die SILMO 2025 blicken, dürfte demnach auch anderswo für die Erkenntnis sorgen: Messe lohnt sich – immer noch, immer wieder!
/// Ingo Rütten
Ophthalmologische Expertise in Augenoptikbetrieben
Diagnostik, Therapie, Telemedizin
Diagnostik, Therapie und Patientenkommunikation verändern sich, was beim Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft in Berlin (siehe Bericht in der eyebizz-Ausgabe 6.2025) natürlich noch einmal deutlicher wurde als bei der SILMO in Paris. Die SILMO zeigte eine andere Facette derselben Entwicklung: Hier standen Patientenorientierung, Telemedizin und Vernetzung im Mittelpunkt.
Topcon zeigte bei beiden Events seine zwei neuen Entwicklungen, die den Praxisalltag nachhaltig verändern können. Mit dem SightPilo NAVi präsentiert das Unternehmen ein refraktionsunterstützendes System, das Kunden oder Patienten per mehrsprachiger Sprachanweisung durch die Prüfung führt. Die Bedienung erfolgt über ein einfaches Drehrad, sodass die Testperson aktiv und intuitiv durch die Schritte geleitet wird. Der binokulare Sehtest kann optional auch um eine Nahmessung erweitert werden – ein Vorteil, der den Einsatzbereich deutlich verbreitert. In Frankreich ist das System bereits erfolgreich bei Augenärzten im Einsatz und trägt dort zu einer spürbaren Entlastung im Workflow bei.
Parallel dazu überzeugte der TERA Dry Eye Imager die Besucher. Die multimodale Plattform kombiniert automatisierte Messprozesse mit einem hochauflösenden Display, das durch intelligente Lichtsteuerung störende Reflexionen vermeidet. Neben Bildmodi für eine klare Darstellung von Hornhaut und Tränenfilm bietet das System integrierte Auswerteoptionen und standardisierte Fragebögen. Dadurch wird die Diagnostik nicht nur objektiver, sondern auch schneller und vergleichbarer, was eine höhere Akzeptanz von Therapievorschlägen beim Patienten unterstützt.
Visionix stellte zusammen mit Doctovue das erste vernetzte augenärztliche Untersuchungsmodell vor, das telemedizinisch von Ophthalmologen kontrolliert wird. Dieses „connected cabinet“ bringt augenärztliche Leistungen in Regionen, die unter Versorgungsengpässen leiden. In dieselbe Richtung geht die Lösung von Lyleoo, die eine „Téléexpertise en ophtalmologie chez l’opticien“ bietet, also die ophthalmologische Expertise in die Augenoptikbetriebe bringt: Augenoptiker erfassen Patientendaten, die verschlüsselt an einen Augenarzt übermittelt werden. Innerhalb von 48 Stunden kann dieser entscheiden, ob eine Brillen- oder Kontaktlinsenverordnung ausgestellt wird oder eine physische Untersuchung notwendig ist.
/// Thorsten Boss
Kategorie Vision
Rodenstock schnappt sich den SILMO d’Or
Dass Essilor beziehungsweise EssilorLuxottica für gewöhnlich einen SILMO d’Or bei der jährlichen Gala mit nach Hause nimmt, ist keine Überraschung. Und auch dieses Jahr entschied sich die mehr als 100-köpfige Jury für den Lokalmatador: In der Kategorie „Smart Eyewear“ erhielt die Nuance Audio den begehrten Preis. Aber in der Kategorie „Vision“ schnappte sich Rodenstock die Trophäe im Rahmen der SILMO d‘Or Galanacht: B.I.G. EXACT Sensitive überzeugte die Jury, und so sicherte sich Rodenstock nach dem German Innovation Award eine weitere bedeutende Auszeichnung.
Das Team von Rodenstock Frankreich freut sich über den SILMO d’Or in der Kategorie „Vision“. (Bild: SILMO)
Der Brillenglashersteller mit Sitz in München nennt seine biometrischen Gleitsichtgläser die „weltweit ersten Brillengläser, die für individuelle Sensitivität und Biometrie optimiert sind“. Rodenstock habe die biometrische Individualisierung weiterentwickelt und könne zusätzlich die einzigartige visuelle Sensitivität eines jeden Menschen berücksichtigen. Diese beschreibe, wie stark die visuelle Wahrnehmung einer Person auf Störungen in ihrem Gesichtsfeld reagiere. Dass diese „nächste Stufe der biometrischen Individualisierung“ sich bei der Gala des SILMO d’Or durchsetzen sollte, war vermutlich auch für Rodenstock selbst eine Überraschung, ungeachtet der Überzeugung, ein tolles Produkt anzubieten.
„Kontinuierliches Engagement bestätigt“
„Wir freuen uns sehr, dass wir für unsere B.I.G. EXACT Sensitive Brillengläser den SILMO d’Or 2025 Award in der Kategorie „Vision” gewonnen haben. Diese prestigeträchtige Auszeichnung würdigt echte Innovationen in der Optikbranche und das Engagement aller unserer Abteilungen, die unseren Partneroptikern eine starke Differenzierung ermöglichen“, sagte Alexandre Bouin, General Manager Rodenstock Frankreich. Und Dr. Dietmar Uttenweiler fügte aus Deutschland als Executive Vice President Research & Development and Innovation hinzu: „Der Sieg in einem außergewöhnlich wettbewerbsintensiven Umfeld bestätigt unser kontinuierliches Engagement, die Grenzen von Innovationen bei Brillengläsern immer weiter zu verschieben. Denn wir bei Rodenstock streben danach, immer wieder neue Maßstäbe zu setzen.“
Rodenstock darf sich nicht zuletzt durch die Preisverleihung bestätigt fühlen, dass sein Bestreben, „unsere Brillengläser kontinuierlich weiterzuentwickeln und damit die Grenzen von Innovationen zu erweitern“ in der Branche wahrgenommen werde. „Gleichzeitig bestärkt es uns darin, weiterhin unserer Vision zu folgen – allen Menschen ein unvergleichliches Erlebnis biometrisch optimierten Sehens zu bieten“, ergänzte Ralf Ellermann, Head of Global Marketing.
Rodenstock war nicht der einzige deutsche Sieger beim SILMO d’Or. Auch Manti Manti, im Vorjahr erst mit dem eyebuzz Award für Start-ups bei der SILMO bedacht, gewann den SILMO d’Or mit der 3D-Kollektion für Kinder, die nachhaltiges PA11 aus Rizinusbohnen mit fortschrittlichem 3D-Druck kombiniert.
/// IR
Artikel aus der eyebizz 6.2025 (November/Dezember)