Anzeige
Anzeige
Was Experten in der Augenoptik sagen

UV, Blaues Licht, Infrarot: Die Dosis macht das Gift

Dr. sc. hum. Christian Lappe ist mindestens immer dann ein gefragter Mann, wenn es um die Wirkung von Blaulichtfiltern in Brillengläsern und damit um die (möglicherweise) schädliche Wirkung des blauen Lichts geht. So geschehen in der partnerauge-Webinarreihe „Brennpunkt-Brillenglas“, die sich außerdem auch unter anderem dem Thema Infrarotschutz widmete. Dass die Augengesundheit weiter zunehmend in den Fokus der Augenoptik rückt, zeigt dieses EXTRA in dieser Ausgabe. Dass aber neben dem Blaulicht- und dem Infrarot- insbesondere weiterhin der UV-Schutz zurecht große Beachtung erhält, verdeutlichte wiederum das Kolloquium der Fielmann Akademie Schloss Plön im Frühjahr unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. (FH) Hans-Jürgen Grein.

21. Juni ist Sommeranfang und Tag des Sonnenschutzes
21. Juni ist Sommeranfang und Tag des Sonnenschutzes: Mit dem Sonnenlicht kommt so einiges in Mengen Gefährliches zu uns auf die Haut und in die Augen: UV-B und UV-A-Strahlung, Infrarotlicht und Blaulicht (Bild: Pixabay)

Auch Prof. Grein hatte Dr. Lappe zu Gast. Doch zunächst machten andere auf die Gefahr der UV-Strahlung aufmerksam, eine Gefahr, die nicht dadurch gemindert wird, dass man sie kennt: UV-Strahlung gilt als größter Risikofaktor für die Entstehung von weißem Hautkrebs. Sie wird in drei Arten untergliedert, die bekanntermaßen mit den Großbuchstaben A, B und C bezeichnet werden. Mit aufsteigenden Buchstaben nehme die Energie der Strahlung zu und sei potentiell gefährlicher, erklärte Dr. rer. nat. habil. Marc Wittlich, stellvertretender Direktor und Abteilungsleiter „Unfallprävention: Digitalisierung – Technologien“ am Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung in Sankt Augustin.

Anzeige

Der Physiker betonte, dass die hochenergetische UV-C-Strahlung die Erde nicht erreiche, da sie vollständig von der Stratosphäre absorbiert werde. Die krebserregend wirkende UV-B-Strahlung treffe noch zu zehn Prozent auf der Erdoberfläche auf, und UV-A komme nahezu ungefiltert auf der Erde an. Auch sie habe das Potenzial krebserregend zu wirken, jedoch nicht direkt, sondern über die Erzeugung freier Radikale. Ob UV-Strahlung gefährlich sei oder nicht, hänge von der Dosis ab, die der Organismus in einem „Lebenszeitkonto“ sammele. Dass der Mensch immer älter werde, erhöhe daher das Risiko, dass sich die Exposition irgendwann einmal schädlich auswirke. Die direkten Auswirkungen eines Zuviels an UV-Exposition zeigen sich in Form von Pigmentierung, Rötung und Sonnenbrand. Sonnenallergie und phototoxische Reaktionen wie frühzeitige Hautalterung und Hautkrebs können dabei langfristig induziert werden.

Schutz heißt Prävention

Alles Gründe, warum für Dr. Lappe, Director Scientific Affairs and Technical Communication bei Zeiss Vision Care, ein UV-Schutz ein Muss darstellt, wohingegen er den Blaulichtschutz eine Option nennt. Und wenn die Experten bei diesen Themen von Schutz sprechen, dann meinen sie damit die Prävention. Sie ist nicht nur das wichtigste Mittel gegen Hautkrebs, sondern auch das Mittel der Wahl beim Augenschutz. Wir wissen: Infolge einer hohen UV-Exposition können Hornhaut und Bindehaut mit einer akuten Entzündung reagieren, der sogenannten Keratokonjunktivitis photoelectrica. Ursächlich können beispielsweise Schweißen ohne Schutzbrille, die Höhensonne oder Lichtreflexionen durch Schnee (Schneeblindheit) sein.

Betroffene klagen dabei über massive Schmerzen, die ein paar Stunden nach der UV-Exposition auftreten. Meist folgt dann eine Behandlung mit Augentropfen und Augensalbe, sodass der Schaden vollständig behoben werden kann. Dass der Einsatz von schmerzlindernden Augentropfen umstritten sei, hört man indes seltener. Es bestehe der Verdacht, so Wittlich, „dass dadurch der Heilungsprozess verzögert wird“. Der allgemeine Rat der Experten beim Kolloquium kommt wenig überraschend: Sonnencreme, Kleidung, Hut, für die Augen ein entsprechender Schutz und generell die Vermeidung von Aufenthalten in der Mittagssonne ab einem UV-Index größer zwei. Der Tagesaktuelle UV-Index werde in jeder Wetter-App angezeigt. Nur wenn dieser unter zwei liege, könne auf Sonnen- beziehungsweise UV-Schutz verzichtet werden.

„Klare“ Kante bei 380 oder 400 nm

Brillengläser schützen nicht nur das Auge, sondern auch das die Augen umgebende Gewebe. Heutzutage weisen auch klare Brillengläser einen UV-Schutz ab einer Kante von 380 oder 400 nm auf, das bedeutet, Brillengläser transmittieren kein Licht unterhalb dieser Schwelle, erklärte Lappe, der beim Kolloquium ergänzte, „dass der Grenzwert 380 nm eine willkürliche Definition und ein Kompromiss ist, resultierend aus dem Wissen, dass die visuelle Wahrnehmungsschwelle bei einigen Menschen bereits bei 360 nm beginnt“. Eine wissenschaftliche Beurteilung erfolge jedoch erst ab 400 nm.

Thema UV: Dr. Christian Lappe von Zeiss c partnerauge-Webinar
Thema UV: Unter freiem Himmel gebe es eine gewisse Notwendigkeit, sich zu schützen, sagte Dr. Christian Lappe von Zeiss Vision Care, beim Betrachten eines Webinars aber nicht (Bild: Screenshot partnerauge)

Für die Entwicklung von Brillengläsern müssten Hersteller überlegen, welche Risikofaktoren für die Augengesundheit bestehen und welcher Schutz durch Brillengläser gewährleistet werden könne und solle. Das höchste Risiko birgt UV-Strahlung im Bereich des Übergangs von UV-A zu UV-B, bei etwa 320 nm. Aber auch im Bereich von 380 bis 400 nm bestehe laut Lappe bereits ein Risiko für Zellschäden, wie lichtbedingte Alterung. „Die Dosis macht das Gift“, wie der Zeissianer im partnerauge-Webinar wiederholte, das er auch dazu nutzte, um Panikmache zu verhindern, die Bedeutung von Augenschutz aber grundsätzlich herauszustellen.

UV-Schutz ist längst auch bei farblosen Brillengläsern möglich, weil moderne Absorber die Strahlung herausfiltern, aber die Farbe des Brillenglases nicht mehr verändern. Auch Brillengläser mit einem Brechungsindex 1,5 oder 1,6, die aufgrund ihrer Materialeigenschaften bereits eine gute Absorption des Strahlenspektrums unterhalb von 400 nm aufweisen, sollten mit einem zusätzlichen UV-Absorber versetzt werden, um einen klaren Block der hochenergetischen Strahlung zu gewährleisten. Die UV-400-Kennzeichnung stelle für Sonnenbrillengläser im Wesentlichen, jedoch auch für klare Brillengläser ein Qualitätsmerkmal dar, meinte Lappe, der bei beiden Events auch über sein „Lieblingsthema“ Blaulicht sprechen konnte.

Neverending Story

„Eine neverending Story, an der viel Wahres dran ist, die aber auch viel Desinformation transportiert“, sagte Lappe im „Brennpunkt Brillenglas“. Ins Detail ging er zuvor im Kolloquium:  Neben UV-Strahlung könne hochenergetisches blaues Licht zu photochemischen Veränderungen an der Netzhaut führen. Das lichtinduzierte photochemische Schädigungspotenzial der Netzhaut werde über den Blue-Light-Hazard definiert. Dieser erstrecke sich über den Wellenlängenbereich von 390 nm bis 510 nm und zeige das höchste Schädigungspotenzial im Bereich zwischen 430 bis 440 nm. Dies entspreche dem Intensitätsmaximum der meisten LED-Lichtquellen, die in der Innenraumbeleuchtung eingesetzt werden. Verglichen mit früheren Jahren sei das Auge dadurch einer höheren Dosis dieser potentiell schädlichen Strahlung ausgesetzt.

Aber: Vor Monitoren und generell in Innenräumen müsse sich niemand vor Blaulicht schützen, es gebe keine einzige wissenschaftliche Studie, die zu einem anderen Schluss käme. Anders sei das bei der Betrachtung des nötigen Schutzes vor Blauem Licht unter freiem Himmel, „da gibt es eine gewisse Notwendigkeit, sich zu schützen“, sagte der Experte. Kurzum: Der Einsatz von Blaulichtfiltern zum Schutz vor einer schädigenden Wirkung von Monitoren sei nicht haltbar. Die Strahlungsintensität von Displays liege weit unter der für das Auge schädlichen Schwelle, betonte Lappe deutlich. Sicher sei jedoch, dass sich Blaulichtfilter positiv auf den Sehkomfort auswirken und visuellem Diskomfort und digitalem Augenstress entgegenwirken können. Blaulichtfilter seien weniger medizinisch indiziert, als im Bereich des Life-Style-Sektors zu finden.

Ob Letzteres in dieser Art auch für den Infrarotschutz in Brillengläsern gilt, darauf gab das partnerauge-Online-Event eine Antwort. Florian Gisch hat als Geschäftsführer von Wetzlich insofern eine dezidierte Meinung dazu, weil sein Unternehmen eine Beschichtung für den Infrarotschutz anbietet. „Ich persönlich kenne zwar niemanden, der durch UV-Strahlung, Blaulicht oder Infrarotstrahlung blind geworden ist. Trotzdem gilt es, die Verschleißteile des Auges zu schützen, präventive Maßnahmen zu ergreifen“, und die seien auch beim Thema Infrarotstrahlung nicht zu vernachlässigen. Den Dermatologen könnte dies heute bereits bewusster sein als unserer Branche, so Gisch. Und so hatte der Geschäftsführer noch einen ganz anderen Ansatz parat, der sicher weniger mit Augenschutz zu tun hat, aber dennoch nicht ganz von der Hand  zu weisen ist: Infrarotschutz sei auch ein Differenzierungsmerkmal, UV 400 gebe es längst an jeder Tankstelle, Infrarotschutz nur beim Augenoptiker.

/// IR

 

Artikel aus der eyebizz 4.2025 (Juli/August)

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert